Der deutsche Speerwerfer Johannes Vetter in Aktion. © dpa-Bildfunk Foto: Michael Kappeler/dpa

Leichtathletik

Aus nach drei Würfen: Speerwerfer Vetter enttäuscht im Olympia-Finale

Drama um Johannes Vetter: Der Weltjahresbeste fand bei den Olympischen Spielen in Tokio kein Vertrauen in seinen Anlauf und hatte bereits nach drei Würfen keine Chance mehr auf den Olympia-Sieg. Er schied als Neunter aus. Sein Teamkollege Julian Weber landete knapp geschlagen auf dem vierten Platz. Gold ging nach Indien.

Johannes Vetter galt als Topfavorit und designierter Nachfolger von Thomas Röhler beim Speerwerfen. 19 Siege hatte er in Serie geholt. Doch als es darauf ankam, wirkte der Dominator der letzten beiden Jahre ratlos. Er bekam seine Technik nicht auf die Bahn und wirkte verzweifelt. Der Traum vom Olympia-Gold erfüllte sich nicht.

"Es tut mir echt leid für alle, die mir daheim die Daumen gedrückt haben. Der zweite Versuch tut beim Hinschauen schon weh. Wenn ich das sehe, ist es zum Kotzen. Wir erleben Weltrekorde auf diesem Bounce-Boden. Aber für Leute wie mich, die etwas härter reinstemmen, ist dieser Boden nicht gemacht. Denen versaut es die Leistung", sagte ein sichtlich enttäuschter Vetter im Anschluss.

Röhler schockiert und traurig

Freunde, Fans und Familie beim Public Viewing auf dem Marktplatz in Offenburg litten mit ihrem "Jojo". Das sei "wirklich ein Drama. Es ist eine Katastrophe, ich bin tieftraurig", sagte Ex-Weltmeisterin Christina Obergföll, die Ehefrau von Vetters Trainer Boris.

Auch Rio-Olympiasieger Röhler war erschrocken. "Ich bin mit Blick auf das Team und die von allen erhoffte Medaille extrem schockiert und traurig", sagte der 29-Jährige aus Jena am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. "Es tut weh, dass da diese Unsicherheit, die ja auch durch die Bahn bedingt war, zu solch einem Einbruch geführt hat. Die Bahn kam seinem Wurfstil nicht entgegen. Jojo kann Monsterwürfe, das hat er oft bewiesen, aber leider hat Olympia seine eigenen Gesetze", sagte Röhler, der wegen einer Rückenverletzung das Tokio-Ticket verpasste.

Ergebnisse

Leichtathletik, Speerwurf, Männer, Finale

Gold Flagge Indien IND Neeraj Chopra
Silber Flagge Tschechien CZE Jakub Vadlejch
Bronze Flagge Tschechien CZE Vitezslav Vesely
4. Flagge Deutschland GER Julian Weber
5. Flagge Pakistan PAK Arshad Nadeem
9. Flagge Deutschland GER Johannes Vetter

Vetter plädiert für Standard beim Untergrund

Eigentlich könne er auf dem Belag der Herstellerfirma gut werfen, erklärte Vetter. Der nach dreijähriger Tüftelei neukonzipierte Untergrund sei für seine Technik aber ungeeignet: "Auf den älteren werfe ich top, hier rutsche ich weg. Wir sehen ja hier auch andere Topleistungen. Die sitzen anders drauf beim Anlauf. Wenn ich über 90 Meter werfen will, brauche ich ein starkes Stemmbein." Dabei hatten die Organisatoren zuvor für das Speerwerfen eine besondere Maßnahme ergriffen. Mit zahlreichen Eisbeuteln unter weißen Handtüchern wurde versucht, den Anlauf im Olympiastadion zu kühlen.

Kräfte von bis zu einer Tonne wirkten bei Vetters Abwurf. Zu viel für den weichen Untergrund, der in der Qualifikation auch anderen Athleten zum Verhängnis wurde. Dort hatte Vetter schon Probleme und konnte sich erst im letzten Versuch seinen Platz im Finale sichern. "Ich habe alles gegeben. Wir haben die letzten Tage noch einmal gekämpft, trainiert und auch mental gearbeitet, um dieses Rutschen ein bisschen zu kompensieren." Eine Umstellung der Technik habe er in dieser kurzen Zeit aber nicht erlernen können.

"Die Anlage kann man nach dem Wettkampf in die Tonne kloppen. Sie ist gefährlich und nicht gesund." Johannes Vetter

Um Topleistungen bei allen Athleten, die den gleichen Untergrund benutzen, zu gewährleisten, hatte Vetter einen Vorschlag: "Vielleicht kann man für die Speerwerfer die letzten acht Meter standardisieren, um die Verletzungsgefahr im Rahmen zu halten."

Schrecksekunde im zweiten Durchgang

Vetter startete verhalten in den Wettkampf. Sein erster Versuch landete bereits bei 82,52 m, damit reihte er sich hinter Julian Weber (Saisonbestleistung von 85,30) und dem Tschechen Jakub Vadlejch (83,98) als Vierter ein. In Führung lag zunächst der Inder Neeraj Chopra (87,03). Im zweiten Durchgang dann eine Schrecksekunde für Vetter, er rutschte beim Anlauf weg und knickte leicht mit dem linken Fuß um. Der Versuch wurde ungültig und der Weltjahresbeste wirkte ratlos.

Vetter schafft es nicht unter die besten Acht

Auch im dritten Versuch fand Vetter nicht das Vertrauen in die Bahn, konnte seine Technik nicht anwenden und wirkte ratlos. Da sich aber gleich fünf Kontrahenten noch an ihm vorbeischoben, passierte das, was zuvor als unmöglich galt: Vetter war raus aus dem Wettbewerb.

Weber verpasst Medaille knapp

Julian Weber hingegen schaffte es unter die besten Acht und hatte zur Halbzeit als Dritter noch gute Aussichten auf eine Medaille. Er konnte sich aber nicht mehr steigern und musste dann noch Vadlejch vorbeiziehen lassen, der sich hinter dem dem neuen Olympiasieger Chopra Silber sicherte. Auch Bronze ging nach Tschechien: Mit 85,44 m und damit 14 Zentimetern Vorsprung auf Weber wurde Vitezslav Vesely Dritter.

"Vorher hätte ich niemals gedacht, dass ich hier um die Medaillen kämpfe. Natürlich ist es schade, dass es nicht geklappt hat, aber ich habe Saisonbestleistung geworfen und gezeigt was ich draufhabe. Ich bin happy", freute sich Weber über sein Abschneiden.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Sportschau | Olympia Tokio 2020 | 07.08.2021 | 23:50 Uhr

Stand: 07.08.21 13:55 Uhr

Medaillenspiegel

Aktueller Medaillenspiegel
Platz Land G S B
1. Flagge USA USA 39 41 33
2. Flagge Volksrepublik China CHN 38 32 18
3. Flagge Japan JPN 27 14 17
4. Flagge Großbritannien GBR 22 21 22
5. Flagge Russisches Olympisches Komitee ROC 20 28 23
6. Flagge Australien AUS 17 7 22
7. Flagge Niederlande NED 10 12 14
8. Flagge Frankreich FRA 10 12 11
9. Flagge Deutschland GER 10 11 16
Stand nach 339 von 339 Entscheidungen.

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