Eine Frau schwenkt eine russische Fahne vor den olympischen Ringen am Hauptquartier des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Lausanne (Symbolbild). © picture alliance/Jean-Christophe Bott/KEYSTONE/dpa Foto: Jean-Christophe Bott

Doping

Doping: Komplett-Bann für Russland in Tokio?

Olympia mit oder ohne Russland - dies ist die meistdiskutierte Frage im Weltsport vor den Sommerspielen vom 24. Juli bis zum 9. August in Tokio. Athleten fordern eine öffentliche Anhörung vor dem Sportgerichtshof.

Die Welt-Anti-Doping-Agentur hatte den russischen Sport im Dezember 2019 wegen der Manipulation von Daten aus dem Moskauer Dopingkontrolllabor für vier Jahre suspendiert. Auch für Olympia soll demnach gelten, dass russische Sportler nur als neutrale Athleten ohne Nationalflagge teilnehmen dürfen, wenn sie nachgewiesen haben, dass sie nicht Teil des Dopingsystems waren. Außerdem darf Russland bis 2023 weder Gastgeber sein, noch sich für eine Ausrichtung großer Wettkämpfe bewerben. Weil die russische Antidoping-Agentur RUSADA dagegen Einspruch erhoben hat, ist nun die oberste Sportgerichtsbarkeit gefragt. Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) wird aller Voraussicht nach im April oder Mai sein Urteil sprechen.

Athleten und WADA wollen öffentliche Anhörung

Die WADA sowie nationale und internationale Athletenvertretungen hatten den CAS Anfang Februar aufgefordert, eine öffentliche Anhörung in dem Fall zuzulassen. "In den letzten Jahren haben die Athleten aufgrund der mangelnden Transparenz im Umgang mit dem russischen Dopingskandal das Vertrauen in das System Leistungssport und die globale Anti-Doping-Bewegung verloren", hieß es in einer von Athleten Deutschland verbreiteten Mitteilung.

Eine transparente Anhörung werde die Entscheidungsfindung des CAS nachvollziehbarer machen und könne so zu mehr Vertrauen in das Anti-Doping-System führen. "Es sind noch wenige Monate bis zu den Olympischen und Paralympischen Spiele 2020 in Tokio. Die Anhörung und die Entscheidung des CAS müssen zwingend vor Beginn der Spiele 2020 stattfinden", schrieben die Athletenvertretungen aus Deutschland, Großbritannien, Dänemark, Norwegen und den USA. Bei Olympia in Rio 2016 waren erst kurz vor der Eröffnungsfeier immerhin noch fast 300 russische Sportler zugelassen worden.

Chefermittler: Forensische Löschungen

Günter Younger, Chefermittler der Welt-Antidoping-Agentur WADA. © picture alliance/Valentin Flauraud/Keystone/dpa Foto: Valentin Flauraud

WADA-Chefermittler Günter Younger.

Wie schwerwiegend die Machenschaften im Moskauer Labor offenbar waren, darüber sprach der deutsche WADA-Chefermittler Günter Younger in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Demnach wurden von rund 300 verdächtigen Dopingfällen 145 von Löschungen oder Manipulationen beeinträchtigt. "Wir konnten feststellen, welche Datei gelöscht worden ist und wann. Aber wir können sie nicht in jedem Fall wiederherstellen. Manche Daten sind forensisch gelöscht." Erst im Januar hatte die WADA das Testlabor in Moskau erneut vorübergehend geschlossen.

Younger war mit seinem Team von Mai bis November 2019 "nur damit beschäftigt festzustellen, welche Dateien verändert, gelöscht oder hinzugefügt wurden. Zum Teil sind die Aktionen rückdatiert worden", sagte der frühere LKA-Beamte. "Dafür wurde die gesamte Datenbank auf ein Datum eingestellt, das vier Jahre zurückliegt, dann hat man gelöscht." Younger versicherte, dass alle 298 Fälle ausermittelt würden.

Younger will keinen Komplett-Bann

Einen Komplett-Ausschluss russischer Athleten von Olympischen Spielen hält der Experte trotz allem nicht für richtig. "Ich bin gegen eine Pauschalbestrafung", sagte Younger. "Wenn Sie schauen, wer das aufgedeckt hat, stellen Sie fest: Das waren weder Europäer noch Amerikaner noch wir bei der WADA. Das waren russische Athleten, Trainer und Offizielle, die es satt hatten, weiter von dem System manipuliert zu werden." Diese würden bei einem kompletten Ausschluss bestraft. Younger verdeutlichte auch eine der möglichen Folgen einer harten Sanktion: "Warum sollten in Zukunft Whistleblower eines Doping-Systems zu uns kommen, wenn sie dafür nachher auch bestraft werden?"

IOC-Präsident Bach: Keinen Raum für Interpretationen

IOC-Präsident Thomas Bach ließ nicht erkennen, welche Lösung er bevorzugt, verlangt aber ein rasches Urteil vom CAS: "Die Entscheidung muss schnell kommen und sie darf keinerlei Spielraum für Interpretationen lassen", sagte er.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Sportschau | Olympia Tokio 2020 | 23.07.2020 | 09:05 Uhr

Stand: 17.02.20 09:00 Uhr

Medaillenspiegel

Aktueller Medaillenspiegel
Platz Land G S B
1. Flagge USA USA 39 41 33
2. Flagge Volksrepublik China CHN 38 32 18
3. Flagge Japan JPN 27 14 17
4. Flagge Großbritannien GBR 22 21 22
5. Flagge Russisches Olympisches Komitee ROC 20 28 23
6. Flagge Australien AUS 17 7 22
7. Flagge Niederlande NED 10 12 14
8. Flagge Frankreich FRA 10 12 11
9. Flagge Deutschland GER 10 11 16
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