Kommentar

Tokios Olympia-Maskottchen zeigen ein Begrüßungsplakat vor dem Rathaus von Yokohama. © imago images / AFLOSPORT

Coronavirus

Kommentar: Für Olympia ist Hektik kein guter Ratgeber

Ein Kommentar von Holger Gerska

Das Festhalten des IOC an den Olympischen Spielen mitten in der Corona-Krise mag auf den ersten Blick weltfremd erscheinen. Dabei ist es im Moment richtig, meint Holger Gerska, ARD-Olympia-Programmchef Hörfunk.

Holger Gerska © NDR Foto: Christian Spielmann

Holger Gerska vom NDR Hörfunk.

Vor dem Hintergrund der Verlegung einer Fußball-EM, einer Copa America im Fußball und der French Open im Tennis rieben sich viele am Dienstag (17.3.2020) verwundert die Augen, dass fast zeitgleich das Exekutivkomitee des IOC nochmals den Termin der Tokio-Spiele sehr deutlich bekräftigt und tausende Sportler zur Fortsetzung der Vorbereitungen aufgefordert hat. Ist das weltfremd? Starrsinn? Ein Spiel mit der Gesundheit von Sportlern und Olympia-Reisenden? Oder sucht das Internationale Olympische Komitee einfach in Ruhe nach der richtigen Lösung, wie auch immer diese ausfällt?

Ähnlich wie Athletensprecher Max Hartung habe auch ich Verständnis für diesen Ansatz. In Hektik werden selten richtige Entscheidungen getroffen. Anders als die von den finanzkräftigen europäischen Fußballligen unter Druck gesetzte UEFA hat das IOC ja wirklich noch einige Wochen Zeit. Und will sich die Zeit offenbar nehmen, um die möglichen Szenarien durchzuspielen.

Es hängt mehr dran als im Fußball

Anders als im Fußball hängt so unendlich viel mehr dran. Eine Verlegung der Spiele ebenfalls um zwölf Monate hätte drastische Konsequenzen - für die Welt- und kontinentalen Meisterschaften 2021 in allen Sportarten. Für Sportler, die nicht mal eben so ihre Olympia-Vorbereitungen um ein Jahr ausdehnen können, weil sie wieder arbeiten oder studieren müssen. Das gilt vor allem auch für die Paralympics-Starter.

Aber natürlich geht es wie fast immer auch ums Geld. Tokio und Japan haben enorm investiert. Die Kostenschätzungen japanischer Ökonomen für den Fall einer Verlegung oder Absage pendeln rund um 10 Milliarden Euro, vielleicht wäre es sogar noch teurer. Das muss einer zahlen. Japan hat das Geld bestimmt nicht.

Was zum Beispiel den 18.000 Japanern sagen, die im Spätherbst in Tokio in das Olympische Dorf einziehen wollen? Da gibt es hunderte derartige Probleme, die gelöst sein wollen. So einfach wie im Fußball ist es nun mal nicht.

Europa und Nordamerika sind nicht die Welt

Und: Wie käme eine schnelle Absage (aus heutiger Sicht) bei Sportlerinnen und Sportlern in Afrika, Südamerika, Australien, Russland, auch wieder China - und aus vielen anderen asiatischen Ländern an? Europa und Nordamerika sind aus IOC-Sicht nicht alles. Ich kann mich nicht erinnern, dass beim letzten großen Ebola-Ausbruch in Afrika Olympische Spiele nur im Ansatz infrage gestellt wurden.

Deshalb kann ich absolut nachvollziehen, dass das IOC jetzt noch keine solche Entscheidung treffen will - oder kann. Wenn man jetzt absagt, kann die Entscheidung nicht mehr zurückgeholt werden. Japan und das IOC hoffen einfach mal darauf, dass Europa und Nordamerika und vor allem Japan bei der Eindämmung des Virus in sechs bis acht Wochen dasselbe schaffen wie offenbar China. Und dass die anderen Kontinente nicht so hart getroffen werden wie aktuell Europa.

Hier werden gerade Messen, Kongresse und andere Großveranstaltungen auf Mai, Juni und Juli verschoben. Die Fußball-Bundesliga träumt von einem Re-Start noch im April. Champions- und Europa-League-Endspiele sind jetzt für Juni geplant. Warum soll es dann aus IOC-Sicht falsch sein, im März noch auf Olympische und Paralympische Spiele im Juli, August und September zu hoffen?

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Sportschau | Olympia Tokio 2020 | 23.07.2020 | 09:05 Uhr

Stand: 18.03.20 09:25 Uhr

Medaillenspiegel

Aktueller Medaillenspiegel
Platz Land G S B
1. Flagge USA USA 39 41 33
2. Flagge Volksrepublik China CHN 38 32 18
3. Flagge Japan JPN 27 14 17
4. Flagge Großbritannien GBR 22 21 22
5. Flagge Russisches Olympisches Komitee ROC 20 28 23
6. Flagge Australien AUS 17 7 22
7. Flagge Niederlande NED 10 12 14
8. Flagge Frankreich FRA 10 12 11
9. Flagge Deutschland GER 10 11 16
Stand nach 339 von 339 Entscheidungen.

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