Ruderer Oliver Zeidler im Einer © IMAGO / Laci Perenyi

Rudern

Oliver Zeidler - Rudermärchen bei Olympia vor goldenem Happy End?

von Dirk Burkhardt

Oliver Zeidler ist erst 2016 vom Schwimmen zum Rudern gewechselt und schaffte es innerhalb kürzester Zeit zum Dominator im Einer. Heute beginnt seine Goldmission.

Nichts, aber auch gar nichts hat Ruderer Oliver Zeidler dem Zufall überlassen. Im Trainingslager in Italien ist der Gold-Favorit im Einer auch bei schwierigstem Wind auf die Strecke gegangen, weil solche Bedingungen auch in Tokio möglich sind. Im elterlichen Haus in Erding bei München hat er zuletzt auf dem Ergometer in der Sauna trainiert, um die klimatischen Bedingungen von Tokio zu simulieren. Und schon ein paar Tage vor dem Abflug Richtung Japan hat der 24-Jährige zudem seinen Tagesrhythmus auf Tokio-Zeit umgestellt. Er geisterte ab 2 Uhr in der Nacht durch seine Münchener WG.

Das alles hat ein Ziel: Auf der Regattabahn "Sea Forest Waterway" im Stadteil Umi no mori soll am 30. Juli das Märchen ein olympisch goldenes Happy End finden.

"Familien-Tradition" wird fortgesetzt

Eine fast logische und eigentlich auch überfällige Entscheidung. Vater und Trainer Heino war Ruderer und WM-Teilnehmer. Seine Schwester Marie-Sophie ist U23-Vize-Weltmeisterin im Vierer. Großvater Hans-Johann Färber (1972, Vierer mit Steuermann) und Tante Judith Zeidler (1988, Achter) holten bereits an den Riemen Olympia-Gold.

Dass ihm Rudern im Blut liegen könnte, lag beim Sportart-Wechsel also gar nicht so fern. Und trotzdem war der Aufstieg märchenhaft. 2018 Europameister. 2019 Weltmeister. 2021 zum zweiten Mal Weltcup-Gesamtsieger. Jetzt also Olympia, das Hochfest aller Leistungssportler. Alles andere als Gold wäre eine Enttäuschung. Oder? "Na ja", sagt Zeidler, "das kannst du nicht planen. Dafür liegt die Konkurrenz zu dicht zusammen."

Packende Duelle mit Nielsen und Borch

Noch nicht im sechsten und letzten Vorlauf, in dem es am Freitagmorgen gegen 2.20 Uhr deutscher Zeit gegen schwächere Konkurrenz aus Japan, Ägypten, den Niederlanden und der Elfenbeinküste geht. Aber drei Runden später, im Finale, da könnte es schon enger werden. Mit dem Dänen Sverri Nielsen und dem Norweger Kjetil Borch hat sich Zeidler über die 2.000 Meter schon harte Duelle geliefert.

Unvergessen das WM-Finale 2019 in Linz, als Zeidler 29 Zehntel vor dem drittplatzierten Borch und hauchdünne drei Hundertstel vor Nielsen lag. Allerdings hat sich seit dieser Zeit auch einiges getan. Äußerst akribisch hat Zeidler mit seinem Vater weiter an Technik, Taktik und Kraft gearbeitet, die Umfänge phasenweise sogar verdoppelt. "Ich bin wahrscheinlich das, was man einen positiv Besessenen nennt", sagt Zeidler über sich selbst.

Nur ein siegloses Saison-Rennen

Das Ergebnis: Er ist als Ruderer kompletter geworden. Wozu das führen kann, zeigte der 2,03 Meter große Modellathlet im Frühjahr beim Weltcup in Luzern. Von Beginn an dominierte er das Finale und lag im Ziel knapp eine Bootslänge vor Nielsen und fast drei vor Borch. Eine Garantie bedeutet das aber nicht. Zwei Wochen später musste sich Zeidler beim Weltcup-Finale im italienischen Sabaudia Nielsen geschlagen geben. Es war das erste sieglose Saison-Rennen.

Aber vielleicht wird ihn die Erfahrung noch stärker machen. "Er ist ein Kampfschwein", beschreibt ihn Großvater und Olympiasieger Hans-Johann Färber, "und wenn er sich etwas in den Kopf setzt, zieht er das durch". Genau diese Härte braucht es, um den letzten Schritt im Rudermärchen zu machen und 49 Jahre nach dem Großvater und 34 Jahre nach der Tante der nächste der Familie mit Olympia-Gold zu werden. In der Vorbereitung hat er dafür schon mal alles getan.

Zeidler: "Ich möchte auf jeden Fall eine Medaille machen"

"Ich hatte eine sehr gute Vorbereitung, die Saisonergebnisse waren auch sehr gut. Von daher ist eigentlich alles angerichtet", sagte Zeidler am Sportschau-Mikro. Die Wetterbedingungen an der windanfälligen Regattastrecke könnten aber in der Tat ein Knackpunkt werden: "Am ersten Trainingstag hatten wir Bedingungen, die knapp daran waren, nicht mehr ruderbar zu sein - für ein kleines Boot wie den Einer zum Beispiel."

Und doch ist Zeidlers Wunsch klar: "Wenn man nicht mit dem Ziel hier hinfährt, die Goldmedaille zu gewinnen, dann fährt man hier wohl eher als Tourist hin. Ich möchte auf jeden Fall eine Medaille machen. Wenn es am Ende eine andere Farbe ist, dann bin ich auch zufrieden."

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Sportschau | Olympia Tokio 2020 | 22.07.2021 | 09:05 Uhr

Stand: 23.07.21 00:43 Uhr

Medaillenspiegel

Aktueller Medaillenspiegel
Platz Land G S B
1. Flagge USA USA 39 41 33
2. Flagge Volksrepublik China CHN 38 32 18
3. Flagge Japan JPN 27 14 17
4. Flagge Großbritannien GBR 22 21 22
5. Flagge Russisches Olympisches Komitee ROC 20 28 23
6. Flagge Australien AUS 17 7 22
7. Flagge Niederlande NED 10 12 14
8. Flagge Frankreich FRA 10 12 11
9. Flagge Deutschland GER 10 11 16
Stand nach 339 von 339 Entscheidungen.

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