Die weißrussische Sprinterin Kristina Timanowskaja schaut konzentriert in die Ferne. © IMAGO / Bildbyran

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Olympia: Belarussin sollte offenbar zur Ausreise gezwungen werden

Nach Kritik an Verbandsfunktionären darf Kristina Timanowskaja aus Belarus nicht mehr an den Olympischen Spielen in Tokio teilnehmen. Das Belarussische Olympische Komitee begründet die Entscheidung mit einer ärztlichen Untersuchung. Die Gegenseite spricht derweil vom Versuch einer "gewaltsamen" Ausreise.

Die belarussische Leichtathletin Kristina Timanowskaja wird nach Angaben des Belarussischen Olympischen Komitees nicht weiter an den Olympischen Spielen in Tokio teilnehmen. Bildern und Berichten unabhängiger belarussischer Medien zufolge war die 24-Jährige nach kritischen Äußerungen über belarussische Sportfunktionäre in Tokio zum Flughafen gebracht worden.

Timanowskaja bittet das IOC um Hilfe

Die oppositionelle belarussische Athletenvertretung Belarusian Sport Solidarity Foundation (BSSF) veröffentlichte am Sonntag (01.08.2021) auf Telegram ein Video mit einer Erklärung Timanowskajas: "Ich stehe unter Druck und sie versuchen, mich ohne meine Zustimmung aus dem Land zu bringen. Ich bitte das IOC darum, sich einzuschalten." Laut BSSF soll das Video am Sonntagabend (Ortszeit) in Tokio entstanden sein.

Die BBC berichtet, dass das Flugzeug von Tokio nach Istanbul ohne Timanowskaja an Bord abgehoben sei und bezieht sich dabei auf den belarussischen Journalisten Tadeusz Giczan. Aktuell steht die Leichtathletin den Angaben zufolge unter dem Schutz der japanischen Polizei.

Tschechischer Außenminister bietet Visum an

"Ich bin in Sicherheit und es wird gerade entschieden, wo ich die Nacht verbringen werde", heißt es in einer weiteren Mitteilung der BSSF, die zuvor vom Versuch einer "gewaltsamen" Ausreise Timanowskajas gesprochen hatte. Timanowskaja wolle um Asyl in Europa bitten. Medien berichteten, die Sportlerin werde vor Ort bereits von einem Anwalt beraten, der auf Flüchtlingsrecht spezialisiert sei.

Tschechiens Außenminister Jakub Kulhanek erklärte am Sonntagabend auf Twitter, sein Land biete Timanowskaja ein Visum an, "damit sie bei uns internationalen Schutz erhalten kann". Auch die tschechische Botschaft in Tokio sei bereit zu helfen. "Die Situation um die Sprinterin Kristina Timanowskaja finde ich skandalös", schrieb Kulhanek.

Timanowskaja bezichtigt belarussisches NOK der "Lüge"

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) teilte am Sonntagabend mit, mit Timanowskaja gesprochen zu haben. Sie sei bei den Behörden am Flughafen. "Sie hat uns gesagt, dass sie sich sicher fühlt", schrieb das IOC bei Twitter. Das IOC und Tokios Organisationskomitee würden die Gespräche mit der Athletin fortführen, hieß es.

Zuvor hatte das IOC mitgeteilt, es beobachte den Fall und habe das Nationale Olympische Komitee (NOK) von Belarus um Aufklärung gebeten. Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja begrüßte die schnelle IOC-Reaktion. "Es ist wichtig, die Verletzungen von Rechten der Athleten durch das NOK zu untersuchen", schrieb sie auf Twitter.

In einer Mitteilung auf Telegram hatte das Belarussischen Olympischen Komitees erklärt, die Läuferin sei von einem Arzt untersucht worden und werde wegen ihrer "emotional-psychischen Verfassung" nicht an weiteren Wettkämpfen teilnehmen. Auf ihrem Instagram-Account bezeichnete Timanowskaja diese Darstellung als "Lüge". Dem Radiosender Euroradio sagte sie in einem Interview: "Sie haben mir einfach gesagt, ich solle meine Sachen packen und nach Hause fliegen."

Nicht ausreichende Anzahl an Dopingkontrollen

Timanowskaja hätte am Montag (02.08.2021) im Vorlauf über 200 Meter antreten sollen, zudem war sie für die Staffel über die 4x400 Meter gemeldet. Sie hatte sich in einem mittlerweile gelöschten Video auf Instagram kritisch über Sportfunktionäre im autoritär geführten Belarus geäußert.

Die Sportlerin vermutete, dass andere belarussische Athleten nicht antreten könnten, weil der Verband nicht die Anzahl ausreichender Dopingkontrollen für die Athletinnen gewährleistet habe. Deswegen hätte man über ihren Kopf hinweg entschieden, dass sie auch an der Staffel teilnehmen solle.

Die BSSF war im vergangenen August von der ehemaligen belarussischen Schwimmerin Aljaksandra Herassimenja gegründet worden, als nach der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Lukaschenko heftige Proteste in Belarus ausbrachen.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Sportschau | Olympia Tokio 2020 | 02.08.2021 | 02:00 Uhr

Stand: 01.08.21 20:42 Uhr

Medaillenspiegel

Aktueller Medaillenspiegel
Platz Land G S B
1. Flagge USA USA 39 41 33
2. Flagge Volksrepublik China CHN 38 32 18
3. Flagge Japan JPN 27 14 17
4. Flagge Großbritannien GBR 22 21 22
5. Flagge Russisches Olympisches Komitee ROC 20 28 23
6. Flagge Australien AUS 17 7 22
7. Flagge Niederlande NED 10 12 14
8. Flagge Frankreich FRA 10 12 11
9. Flagge Deutschland GER 10 11 16
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