Japans Premierminister Shinzo Abe verneigt sich in Namie in der Präfektur Fukushima vor einem Gedenkstein für die Opfer der Tsunami- und Nuklearkatastrophe von 2011. © imago images / Kyodo News

Fukushima

Olympia und das Erbe von Fukushima

Japans Gedenken an die Tsunami-Katastrophe wird von der Corona-Epidemie überschattet. Doch die Erinnerung an 2011 ist nicht verblasst. Sie ist ein zentrales Motiv der Olympischen Spiele.

Neun Jahre ist es her, dass ein schweres Erdbeben den Nordosten Japans erschütterte. Am 11. März 2011 bäumte sich eine gigantische Flutwelle an der Pazifikküste auf und walzte alles nieder: Häuser, Häfen, Schulen, Friedhöfe. Dörfer, Städte und riesige Anbauflächen versanken in den Wasser- und Schlammmassen. Im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi kam es zu Kernschmelzen. Etwa 18.500 Menschen starben.

Regierung legt Schweigeminute ein

Das Gedenken an die verheerende Naturkatastrophe wurde am Mittwoch (11.3.2020) überschattet von der Sorge Japans vor einer weiteren Ausbreitung des neuen Coronavirus. Gut vier Monate vor dem geplanten Beginn der Olympischen Spiele in Tokio (24. Juli bis 9. August) wurden die sonst üblichen Zeremonien abgesagt oder in sehr viel kleinerem Rahmen abgehalten. Ministerpräsident Shinzo Abe legte an seinem Amtssitz eine Schweigeminute für die Opfer ein.

Spiele der Wiederauferstehung

Dem Gedenken an die Opfer und dem Wiederaufbau hat Japan auch die Olympischen Spiele in Tokio gewidmet. Mit den "Games of Recovery" (Spielen der Wiederauferstehung) soll die Region vor den Augen der Welt rehabilitiert werden. Der Fackellauf mit dem Olympischen Feuer wird am 26. März demonstrativ im J-Village gestartet, einem Fußball-Trainingszentrum in der Präfektur Fukushima, rund 18 Kilometer von den havarierten Reaktoren entfernt. Fukushima selbst ist Austragungsort für Baseball- und Softball-Spiele.

Lage in Fukushima unter Kontrolle

Japans Regierung ist in den vergangenen Monaten nicht müde geworden zu betonen, dass die Lage in der Atomruine inzwischen unter Kontrolle sei. Lebensmittel aus Fukushima seien sicher. "Mit den Spielen wollen wir zeigen, welche Fortschritte wir zusammen mit der japanischen Regierung beim Wiederaufbau in Fukushima in den vergangenen neun Jahren gemacht haben", sagte Masao Uchibori, der Gouverneur von Fukushima. Tatsächlich sind in vielen Teilen der Präfektur die Evakuierungsanweisungen aufgehoben. Von den 470.000 Menschen, die nach der Katastrophe ihre Dörfer und Städte verlassen mussten, sind noch immer 48.000 entwurzelt. Viele haben woanders ein neues Leben begonnen. Insgesamt sind aus den drei am stärksten gezeichneten Präfekturen Fukushima, Iwate und Miyagi in den vergangenen neun Jahren 340.000 Menschen abgewandert.

Kritik an Olympia

Olympia-Gegner protestieren vor dem Fußball-Trainingszentrum J-Village in Fukushima. © picture alliance/Kyodo

Anti-Olympia-Protest vor dem J-Village.

Es gab vereinzelte Proteste gegen Olympia, und auch gegen die Instrumentalisierung der Spiele. Viele der von der Katastrophe Betroffenen fürchten, dass die Regierung der Weltöffentlichkeit lediglich das Ergebnis des Hunderte Milliarden schweren Aufbauprogramms präsentieren will: neu gebaute Straßen, Häuser, Fabriken und Deiche. Und dass dabei untergeht, welche Probleme es noch immer gibt: mit der Lagerung radioaktiven Materials, der Entsorgung verstrahlter Böden und kontaminierten Kühlwassers. Greenpeace hatte im vergangenen Dezember auf radioaktive Hotspots mit Messergebnissen über den Grenzwerten in der Nähe des J-Village hingewiesen. Der Betreiber des Kernkraftwerkes in Fukushima musste daraufhin die Böden an den betroffenen Stellen austauschen.

Geschmacklose Plakataktion

Im Februar dieses Jahres sorgte dann eine Plakatkampagne südkoreanischer Aktivisten für Wirbel. Die Plakate zeigten Fackelläufer in Kontaminationsschutzanzügen mit Fackeln, aus denen radioaktives Material emporsteigt. Japans Olympia-Ministerin Seiko Hashimoto bezeichnete die Poster als "inakzeptabel". Laut Medienberichten zog die PR-Aktion auf Kosten Japans Gespräche auf Regierungsebene nach sich.

Bundesamt für Strahlenschutz: Aufenthalt unbedenklich

Die Gesundheit der Olympia-Teilnehmer und Besucher ist gleichwohl nicht gefährdet. Das betonen nicht nur Japans Offizielle. "Die Strahlenbelastung ist inzwischen auf ein Niveau gesunken, das den Aufenthalt dort unbedenklich macht - auch für Sportlerinnen und Sportler", sagtInge Paulini, die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Zur radiologischen Situation in der Region führt das BfS auf der Grundlage international überwachter Messergebnisse folgenden Vergleich an: Bei einem einwöchigen Aufenthalt in Fukushima City sind Reisende einer Strahlenbelastung ausgesetzt, die einem Flug von Frankfurt nach Tokio entspricht.

Trotz allem: Ein Zurück zur Normalität kann es für Japan und vor allem die Region um Fukushima auf Jahre hinaus nicht geben. Olympia bietet der Weltöffentlichkeit den Anlass, sich dessen bewusst zu werden.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Sportschau | Olympia Tokio 2020 | 23.07.2020 | 09:05 Uhr

Stand: 11.03.20 14:10 Uhr

Medaillenspiegel

Aktueller Medaillenspiegel
Platz Land G S B
1. Flagge USA USA 39 41 33
2. Flagge Volksrepublik China CHN 38 32 18
3. Flagge Japan JPN 27 14 17
4. Flagge Großbritannien GBR 22 21 22
5. Flagge Russisches Olympisches Komitee ROC 20 28 23
6. Flagge Australien AUS 17 7 22
7. Flagge Niederlande NED 10 12 14
8. Flagge Frankreich FRA 10 12 11
9. Flagge Deutschland GER 10 11 16
Stand nach 339 von 339 Entscheidungen.

Alle Platzierungen | mehr