Reiten
Paralympics-Reiten: Besondere Beziehung zwischen Mensch und Pferd
von Florian Neuhauss
Wenn im Para-Sport das Zusammenspiel zwischen Reitern und Pferden gut passt, kann das viel bewegen und auch Kraft geben. Vor dem Beginn der Dressurwettkämpfe bei den Paralympics mischen sich Vorfreude und Aufregung - auch bei den Tieren.
Heidemarie Dresing ist 66 Jahre alt und hat Multiple Sklerose. Bei Schwindel und Erschöpfung mag sie oftmals gar nicht an Sport denken. "Aber meine Pferde motivieren mich jeden Tag, sie sind die beste Medizin", sagt die Para-Reiterin vom Zucht-, Reit- und Fahrverein Gütersloh. Ihr ist die Vorfreude einen Tag vor dem Beginn der Wettkämpfe am Donnerstag (26.08.2021) im Equestrian Park von Tokio deutlich anzumerken. Auch wenn sie aufgrund ihrer Erkrankung nur noch Schritt und Trab reiten kann, bleiben die Tiere ihre große Leidenschaft: "Wenn ich geritten bin, denke ich jedes Mal: 'Gut, dass ich es gemacht habe.'"
Bei den Paralympics reitet sie mit ihrer Hannoveraner Stute La Boum im Grad II. "Das Pferd ist eine Bombe", sagt Dresing, die sich auf der Reitanlage mit einem Elektromobil und zwei Gehstöcken bewegt. "Ich habe mir etwas vorgenommen. Ich will Harmonie und Eleganz zeigen - soweit das mit meinem Handicap möglich ist." Die gebürtige Hagenerin belegte bei der EM vor zwei Jahren in der Kür und der Einzelaufgabe jeweils Rang vier. Ab und an geht ihr "Energiebündel" allerdings auch durch, dann landet sie im Sand. "Das sollte mir in meinem Alter aber nicht mehr so oft passieren."
"Zusammenspiel im Para-Sport besonders wichtig"
"Im Para-Sport ist das Zusammenspiel zwischen Pferd und Reiter besonders wichtig", erklärt Britta Bando, die das Team letztmals als Equipe-Chefin betreut. "Da muss noch mehr Vertrauen da sein als im olympischen Sport."
Für die Equipe von Chefin Bando und Bundestrainer Bernhard Fliegl geht es am Donnerstag (25.08.2021) schon um die Medaillen. "Wir müssen von Beginn an angreifen und dürfen nichts liegenlassen", betont Bando, der besonders das Abschneiden in der Mannschaft wichtig ist - wenn sich ihr Team und die Pferde als Einheit präsentieren.
Mispelkamps Bauchgefühl spricht fürs Nachwuchspferd
Die Pferde sind den Athletinnen und Athleten vorausgeflogen - per Direktflug über Sibirien nach Japan. "Der Tierarzt hat die Tiere super im Griff, füttert und tränkt sie unterwegs", berichtet Regine Mispelkamp, die ebenfalls an MS erkrankt ist. Sie reitet mit ihrem niederländischen Wallach Highlanders Delight's im Grad V. Die ganze Mannschaft war vor der Abreise in Aachen zusammen mit den Pferden in Quarantäne. Wegen eines Bauchgefühls hat sich Mispelkamp für ihr Nachwuchspferd entschieden. "Die Quarantäne hat für unser Zusammenspiel viel gebracht."
Hohe Belastung durch Hitze und Luftfeuchtigkeit
Hitze und Luftfeuchtigkeit in Tokio machen Mensch und Tier zu schaffen. Wärmekameras haben stets die Körpertemperatur der Tiere im Blick. Die Geräte messen auch aus der Entfernung sehr genau. Durch eine Ruhepause in der Mittagszeit, gekühltes Wasser, Eis und extra Abkühlbereiche sollen die Belastungen so gering wie möglich gehalten werden. Mit den Ställen "Made in Germany" sind alle sehr zufrieden.
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Gleich mehrere deutsche Pferde "tanzen" am Mittwoch (25.08.2021) beim obligatorischen Vet-Check, der Tierarzt-Kontrolle, aus der Reihe. "Die Pferde merken auch, dass es jetzt losgeht", sagt die Equipe-Chefin. "Das zeigt, dass Leben drin ist. Anders wäre es, wenn sie lahmen würden."
Feel Good und das "Lebensgefühl"
Die Arbeit im heimischen Stall, besonders mit seiner Oldenburger Stute Feel Good, ist für Steffen Zeibig zum "Lebensgefühl" geworden. Auch wenn ihm ein Arm, ein Fuß und auf der anderen Seite der Unterschenkel fehlen, fühlt sich der Sachse (Grad III) in seinem Leben kaum eingeschränkt. Es habe ein bisschen Zeit gebraucht, "bis sich unsere Kombination gefunden" hat. Aber schon in Rio gewann Zeibig im Sattel von Feel Good im Einzelwettkampf Bronze und mit der Equipe Silber.
Ein besonderes Pferd reitet auch Saskia Deutz. Soyala kam mit drei Jahren "roh vom Züchter" zur inkomplett querschnittsgelähmten Ärztin und ihrem Lebensgefährten. "Durch meine Behinderung hat es besonders lange gebraucht, bis wir uns aneinander gewöhnt hatten", sagt die 48-Jährige, die im Grad IV ihr erstes Championat überhaupt reitet. "Aber wir sind eine echte Einheit geworden. Das ist schon eine besondere Beziehung." In den zurückliegenden sieben Jahren wurde die Hannoveraner Stute schon fast zum Familienmitglied.
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Stand: 25.08.21 11:33 Uhr
Medaillenspiegel
Platz | Land | G | S | B | |
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1. | CHN | 96 | 60 | 51 | |
2. | GBR | 41 | 38 | 45 | |
3. | USA | 37 | 36 | 31 | |
4. | RPC | 36 | 33 | 49 | |
5. | NED | 25 | 17 | 17 | |
6. | UKR | 24 | 47 | 27 | |
7. | BRA | 22 | 20 | 30 | |
8. | AUS | 21 | 29 | 30 | |
... | |||||
12. | GER | 13 | 12 | 18 |
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