Die deutsche Läuferin Claudia Nicoleitzik © dpa - Bildfunk Foto: Jens Buettner

Leichtathletik

Deutsches Bronze-Triple plus einmal Silber

Die deutschen Leichtathleten sammeln weiteres Edelmetall. Am Freitag (9.9.2016/Ortszeit) gab es in den Sprintdisziplinen gleich drei Medaillen - zwei davon in Bestzeiten. Auch im Speerwerfen konnte sich eine Deutsche freuen.

Silber, das sich wie Gold anfühlt, gewann die Saarländerin Claudia Nicoleitzik. Sie lief im Olympiastadion 14,64 Sekunden. Schneller war die 26 Jahre alte Athletin aus Saarlouis noch nie. Den Sieg feiern konnte die Argentinierin Yanina Andrea Martinez (14,46). Martha Florian-Hernandez aus Kolumbien (14,71) holte Bronze. "Als ich auf die Anzeigetafel geschaut habe, war ich sehr überrascht über die Zeit", sagte Nicoleitzik. Dabei hatte sie zur Hälfte des Rennens noch auf Platz vier gelegen. "Da dachte ich schon kurzzeitig: Keine Medaille, das ist schade. Aber dann habe ich mich reingekämpft und zum Ende lief es besser."

Für Nicoleitzik, die eine Störung des Bewegungsapparates hat, war es bereits die fünfte paralympische Medaille. 2012 in London wurde sie Dritte über 100 und 200 Meter. In Peking 2008 hatte die 100-Meter-Weltmeisterin von 2013 über ihre beiden Strecken jeweils Silber gewonnen.

Müller-Rottgardt: "Das hätte ich mir nicht erträumt"

Die deutsche Sprinterin Katrin Müller-Rottgardt (r.) und ihr Begleitläufer Sebastian Fricke © imago/Beautiful Sports

Katrin Müller-Rottgardt (r.) gewann in Rio ihre erste Paralympics-Medaille überhaupt.

Später am Abend lief dann auch noch die sehbehinderte Katrin Müller-Rottgardt in ihrem 100-Meter-Sprint zu Bronze. Zusammen mit Guide Sebastian Fricke überquerte die 34-Jährige in persönlicher Bestzeit von 11,99 Sekunden die Ziellinie. Für Müller-Rottgardt, die auch im Weitsprung und über 200 Meter an den Start gehen wird, war es die erste Medaille bei einem internationalen Großereignis. Seit 2002 nimmt sie an Weltmeisterschaften, seit 2004 an den Paralympics teil. Nach ihrer Edelmetall-Premiere war die Sprinterin entsprechend glücklich: "Eine Wahnsinns-Bestzeit, das hätte ich mir nicht erträumt. So kann es weitergehen", sagte sie.

Gold ging in dem Rennen in der Klasse T12 an die Kubanerin Omara Durand, die mit 11,40 Sekunden ihren eigenen Weltrekord um acht Hundertstel verbesserte.

Streng: "Feld voller Löwen"

Der deutsche Sprinter Felix Streng © Ralf Kuckuck, DBS

Felix Streng freute sich riesig über seinen Bronze-Coup.

Und auch einer der Sprint-Männer konnte sich über eine Medaille freuen. Über 100 Meter in der Klasse T44 kam der beinamputierte Felix Streng zu Bronze. In 11,03 Sekunden verpasste der 21-Jährige Silber nur um eine Hundertstel. Den zweiten Platz sicherte sich stattdessen der Neuseeländer Liam Malone. Über Gold jubeln konnte der Brite Jonnie Peacock, der 23-Jährige lief 10,81 Sekunden.

Streng kam nach Staffel-Gold bei der WM 2015 zu seiner ersten Einzelmedaille bei einer Großveranstaltung. Nach dem Rennen sagte er: "Ich freue mich tierisch. Das war heute ein Feld voller Löwen." Viel Lob bekam Streng von Heinrich Popow, dem 100-Meter-Weltmeister, -Europameister und Paralympics-Sieger von 2012 in der Klasse T42. Der 33-Jährige, der das Rennen auf der Tribüne beobachtete und sich beim Jubeln über das Streng-Bronze die Hand prellte, sieht in dem Leverkusener bereits einen kommenden Star: "Wenn Felix so weiter macht, kann er ein ganz Großer werden. Dann holt er bei den nächsten Spielen Gold." Streng fand dafür lobende Worte für die Zuschauer: "Für die Stimmung gebe ich heute eine Eins plus plus plus. Die Leute, die da waren, haben eine Riesenstimmung gemacht. Gerade auf meiner Ehrenrunde. Das ist ein Moment, den ich für immer im Kopf behalten werde."

David Behre, über 400 Meter großer Medaillenmitfavorit, wurde in 11,26 Sekunden Siebter.

Herrmann: "Lachendes und weinendes Auge"

Die deutsche Speerwerferin Frances Herrmann © Ralf Kuckuck, DBS Foto: Ralf Kuckuck

Frances Herrmann warf den Speer auf die Bronze-Weite.

Bronze feierte auch Speerwerferin Frances Herrmann. In der Klasse F34 war der dritte Wurf der gelähmten 27-Jährigen ihr Bester. Mit 18,16 Metern musste sich Herrmann nur der bereits 49-jährigen Finnin Marjaana Heikkinen (18,42 Meter) und der Chinesin Lijuan Zou (21,86 Meter) geschlagen geben. Die 22-jährige Zou verbesserte ihren eigenen Weltrekord dabei um sagenhafte 88 Zentimeter.

Für Herrmann war es nach Rang zwei im Diskuswurf 2008 in Peking bereits die zweite Paralympics-Medaille. Die Freude über Bronze war aber genauso groß: "So eine Medaille ist etwas Besonderes. Vor allem, wenn man so lange dafür gekämpft hat", sagte die Cottbuserin, deren persönliche Bestweite bei 18,94 Metern liegt. Mit Blick auf die Bestmarke ergänzte sie: "Ich habe ein lachendes und ein weinendes Auge, denn ich hatte mir eine neue Bestleistung vorgenommen. Die wirft man aber nicht alle Tage."

Weitere gute Platzierungen

Auch in weiteren 100-Meter-Finals waren deutsche Läuferinnen am Start: In der Klasse T38 sprintete die erst 18-jährige Lindy Ave von der HSG Uni Greifswald bei ihrer ersten Paralympics-Teilnahme auf Rang fünf. Die 25 Jahre alte Maria Seifert (HSC Erfurt e.V.) lief in 14,13 Sekunden in der Klasse T37 auf Platz sechs.

Ergebnisse

Leichtathletik, 100 m, T36 - stehend, Frauen, Finale

Gold Flagge Argentinien ARG Yanina Andrea Martinez
Silber Flagge Deutschland GER Claudia Nicoleitzik
Bronze Flagge Kolumbien COL Martha Liliana Hernandez Florian
4. Flagge Südkorea KOR Min Jae Jeon
5. Flagge Kolumbien COL Daniela Rodriguez Angulo

Leichtathletik, 100 m, T38 - stehend, Frauen, Finale

Gold Flagge Großbritannien GBR Sophie Hahn
Silber Flagge Brasilien BRA Veronica Hipolito
Bronze Flagge Großbritannien GBR Kadeena Cox
4. Flagge Volksrepublik China CHN Junfei Chen
5. Flagge Deutschland GER Lindy Ave

Leichtathletik, 100 m, T12 - sehbehindert, Frauen, Finale

Gold Flagge Kuba CUB Omara Durand
Silber Flagge Aserbaidschan AZE Elena Chebanu
Bronze Flagge Deutschland GER Katrin Müller-Rottgardt
4. Flagge Brasilien BRA Alice De Oliveira Correa

Leichtathletik, 100 m, T37 - stehend, Frauen, Finale

Gold Flagge Großbritannien GBR Georgina Hermitage
Silber Flagge Frankreich FRA Mandy Francois-Elie
Bronze Flagge Venezuela VEN Yescarly Medina
4. Flagge Tunesien TUN Neda Bahi
5. Flagge Volksrepublik China CHN Yingli Li
6. Flagge Deutschland GER Maria Seifert

Leichtathletik, 100 m, T43/T44 - Amputation, Männer, Finale

Gold Flagge Großbritannien GBR Jonnie Peacock
Silber Flagge Neuseeland NZL Liam Malone
Bronze Flagge Deutschland GER Felix Streng
4. Flagge Südafrika RSA Arnu Fourie
5. Flagge USA USA Jarryd Wallace
7. Flagge Deutschland GER David Behre

Leichtathletik, Speerwurf, F34 - sitzend, Frauen, Wettkampf

Gold Flagge Volksrepublik China CHN Lijuan Zou
Silber Flagge Finnland FIN Marjaana Heikkinen
Bronze Flagge Deutschland GER Frances Herrmann
4. Flagge Polen POL Lucyna Kornobys
5. Flagge Algerien ALG Louadjeda Benoumessad

Weltrekorde und Dramen im Olympiastadion

Auch am zweiten Wettkampftag gab es bei den Leichtathleten eine Reihe von Weltrekorden. Besonders gefeiert wurde der Brasilianer Daniel Martins, der über die 400 Meter in der Klasse T20 in 47,22 Sekunden eine Bestzeit aufstellte.

Ein Wechselbad der Gefühle erlebte später die Britin Libby Clegg. Die blinde Sprinterin verbesserte über 100 m (T11) im Halbfinale den Weltrekord auf 11,91 Sekunden. Allerdings wurde Clegg anschließend zunächst disqualifiziert, da ihr Guide entgegen den Regeln zeitgleich mit der Athletin ins Ziel gelaufen sein soll. Später wurde die Disqualifikation nach einem Einspruch Cleggs wieder zurückgenommen.

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 19.09.2016, 10.00 Uhr

Stand: 10.09.16 01:23 Uhr

Medaillenspiegel

Aktueller Medaillenspiegel
Platz Land G S B
1. Flagge Volksrepublik China CHN 107 81 51
2. Flagge Großbritannien GBR 64 39 44
3. Flagge Ukraine UKR 41 37 39
4. Flagge USA USA 40 44 31
5. Flagge Australien AUS 22 30 29
6. Flagge Deutschland GER 18 25 14
7. Flagge Niederlande NED 17 19 26
8. Flagge Brasilien BRA 14 29 29
Stand nach 528 von 528 Entscheidungen.

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