Strassenradsport
Dreifach-Gold für deutsche Radsportler
Dreimal Gold, zweimal Silber und einmal Bronze: Die deutschen Radsportler sind in den Einzelzeitfahren in Rio kräftig durchgestartet. Den Beginn machte Michael Teuber, Hans-Peter Durst setzte am Ende eines langen Radsporttages erfolgreich den Deckel drauf. Bejubelt wurde auch der Italiener Alessandro Zanardi.
Hans-Peter Durst hat am Mittwochabend (14.09.16/MESZ) nach Michael Teuber und Dorothee Vieth das dritte deutsche Radsport-Gold bei den Paralympics in Rio de Janeiro gewonnen. Am ersten Tag der Straßenwettbewerbe gewann der 58-jährige Dortmunder das Zeitfahren (Klasse C1/2) über 15 Kilometer mit einem dreirädrigen Fahrrad in 22:57,34 Minuten - dabei fuhr er fast das ganze Rennen ohne Sattel, da ihm der kurz nach dem Start abgefallen war. "Das werde ich die ganze Nacht merken. Es brennt unglaublich", sagte der überglückliche Durst im Ziel. "Das ist ein Traum, dass ich gewonnen habe. Sensationell." Der Silbermedaillengewinner von London 2012, der seit einem Unfall an Gleichgewichtsstörungen leidet, verwies beim ersten Paralympics-Gold-Triumph in seiner Karriere den US-Amerikaner Ryan Boyle (24:21,35) mit einem Vorsprung von fast 90 Sekunden auf Platz zwei. Dritter wurde David Stone aus Großbritannien.
Teuber: "Jedes Puzzleteilchen hat gepasst"
Michael Teuber hatte die Jagd der deutschen Radfahrer auf Edelmetall am frühen Morgen (Ortszeit) in Rio eröffnet. Der 48-jährige Bayer, der eine inkomplette Lähmung beider Beine hat, setzte sich in 27:53,98 Minuten gegen die Konkurrenz durch. "Es ist alles perfekt aufgegangen. Jedes Puzzleteilchen hat gepasst. Ich bin überglücklich und habe ein bisschen Paralympics-Geschichte geschrieben", so Teuber.
Der Kanadier Ross Wilson hatte im Ziel 53,36 Sekunden Rückstand auf den jetzt fünfmaligen Paralympics-Sieger. Platz drei sicherte sich der Italiener Giancarlo Masini (+53,85). Für seinen Teamkollegen Erich Winkler, der eine Prothese am rechten Arm und linken Bein hat, gab es wieder nur "Blech": Wie in der 3000-Meter-Einzelverfolgung musste er sich mit Platz vier zufriedengeben - die Bronzemedaille verpasste er um 49 Sekunden.
Vieth und Eskau mit Doppelerfolg
Freude im Doppelpack: Andrea Eskau (l.) und Dorothee Vieth bejubeln Silber und Gold.
Die Handbikerinnen Dorothee Vieth und Andrea Eskau haben für den ersten deutschen Doppelsieg in Rio gesorgt. Im Zeitfahren der Klassen H4 und H5 siegte die Hamburgerin Vieth in 31:35,46 Minuten vor der Magdeburgerin Eskau (32:15,42). "Das ist unglaublich, grandios. Die Freude ist riesengroß", freute sich die 56-Jährige nach dem harten Rennen. "Es war die Hölle. Es war heiß, und auf dem Rückweg hatten wir Gegenwind."
Während es für die 56-jährige Geigenlehrerin Vieth nach einmal Silber und dreimal Bronze die erste Goldmedaille bei Paralympics war, musste Eskau eine ungewohnte Niederlage hinnehmen. Die 45-Jährige hatte schon fünfmal bei Paralympics triumphiert - im Sommer und Winter.
Zanardi gewinnt im Zeitfahren
Der ehemalige Formel-1-Fahrer Alessandro Zanardi beeindruckt mit dem Handbike.
Der frühere Formel-1-Pilot Alessandro Zanardi hat nach seinem Doppel-Gold von London auch das Paralympics-Zeitfahren in Rio gewonnen. Mit einem starken Schlussspurt setzte sich der 49-jährige Handbiker in 28:36,81 Minuten vor dem Australier Stuart Tripp (28:39,55) durch. Bei der Zwischenzeit hatte Zanardi noch mit fast 20 Sekunden Rückstand auf Rang drei gelegen. "Das ist unglaublich, fantastisch. Ich bin doch schon ein alter Mann", sagte der Italiener: "Normalerweise rede ich nicht mit Gott, weil ich denke, er hat Wichtigeres zu tun. Aber als ich erfahren habe, dass ich gewonnen habe, das war einfach zu viel. Da habe ich erst mal zum Himmel geschaut und gesagt: Thank you, boss!"
Merklein verpasst Sieg und gewinnt Bronze
"Nicht mehr Zweiter werden": Vico Merklein gewinnt Bronze.
Den erhofften Paralympics-Sieg hat Vico Merklein mit dem Handbike verpasst und muss sich deshalb mit Bronze trösten. Der 39-Jährige aus Nendorf in Niedersachsen kam in der Klasse H4 am Strand von Barra nicht über Rang drei hinaus. In 28:42,34 Minuten musste er sich dem polnischen Sieger Rafal Wilk (27:39,31) und dem Österreicher Thomas Frühwirth (27:49,31) geschlagen geben. Merklein wollte nach sechs zweiten Plätzen das Los des "ewigen Zweiten" loswerden. Das "gelang" ihm - allerdings anders als geplant.
Schindler fährt Silber ein
Die Hände zum Himmel: Denise Schindler feiert ihre Silbermedaille.
Auch Denise Schindler fuhr ein starkes Rennen und aufs Podest: Nach 20 Kilometern konnte sich die 30-jährige unterschenkelamputierte Radsportlerin über Silber freuen. Gold ging an die Niederländerin Alyda Norbuis, die mit ihrer Siegerzeit von 29:47 Minuten nur 32 Sekunden schneller unterwegs war. Die Chinesin Sini Zeng (+ 55 Sekunden) holte Bronze.
Schäfer und Warias verpassen Medaillenränge
Thomas Schäfer von der RSG Nordharz fehlte in seinem Zeitfahren über 30 Kilometer in der Klasse C4 die Power auf der zweiten Streckenhälfte. Der mit einem fehlgebildeten rechten Unterschenkel und einem Klumpfuss lebende Radsportler lag zur "Halbzeit" auf Rang fünf, beendete das Rennen nach 40:05,05 Minuten als Siebter. Zur Bronzemedaille fehlte ihm eine knappe Minute, Gold gewann Jozef Metelka aus der Slowakei (37:52,84 Min.).
Auch Steffen Warias vom RVC Reute verpasste das Podium relativ knapp. In der Klasse C3 kam der in Tübingen geborene 31-Jährige wurde in 40:38,45 Minuten Fünfter. Michael Sametz (Kanada) war als Bronzemedaillengewinner in 39:41,28 Minuten knapp 60 Sekunden schneller. Im Straßenrennen geht Warias als Silbermedaillengewinner von London 2012 an den Start.
Jana Majunke aus Cottbus benötigte in der Klasse T1/2 im Zeitfahren über 15 Kilometer 27:43,46 Minuten. Als Vierte war sie gut 50 Sekunden langsamer als Bronzemedaillengewinnerin Shelley Gautier aus Kanada (26:50,87 Min.). Die Goldmedaille gewann in diesem Rennen Carol Cooke aus Australien (26:11,40 Min.)
Brachtendorf und Kruse/Nimke mit viel Rückstand
Wie erwartet fuhr die Britin Sarah Storey im Zeitfahren zur Goldmedaille.
Kerstin Brachtendorf gehört trotz der Unbeweglichkeit eines der beiden Sprunggelenke zu den schnellsten Radrennfahrinnen in der Klasse C5. Die 40-Jährige konnte sich allerdings in Rio nicht gegen die starke Konkurrenz durchsetzen. Mit einem Rückstand von 3:09 Minuten auf Siegerin und Topfavoritin Sarah Storey wurde Brachtendorf Siebte. Die erfolgreichste britische Behindertensportlerin verwies die Polin Anna Harkowska mit einem Rückstand von 1:30 Minuten auf den Silberplatz. Bronze ging an die US-Amerikanerin Samantha Bosco (+1:42).
Im Tandem-Rennen der sehbehinderten Radfahrer über 30 Kilometer konnte Kai-Christian Kruse zusammen mit seinem Piloten Stefan Nimke - anders als auf der Bahn - nicht in den Kampf um die Medaillen eingreifen. Nach 42:48,42 Minuten fuhr das deutsche Duo auf Platz 20 ins Ziel. Gold ging an den Briten Steve Bate in 34:35,33 Minuten.
Stand: 14.09.16 21:25 Uhr
Weitere Informationen
Medaillenspiegel
Platz | Land | G | S | B |
---|---|---|---|---|
1. | CHN | 107 | 81 | 51 |
2. | GBR | 64 | 39 | 44 |
3. | UKR | 41 | 37 | 39 |
4. | USA | 40 | 44 | 31 |
5. | AUS | 22 | 30 | 29 |
6. | GER | 18 | 25 | 14 |
7. | NED | 17 | 19 | 26 |
8. | BRA | 14 | 29 | 29 |
Alle Platzierungen | mehr