Leichtathletik
Goldene Momente für Low, Scheil und Cockroft
Ein Abend der Rekorde im Olympiastadion in Rio: Die deutsche Weitspringerin Vanessa Low ist am Samstag (10.09.16/Ortszeit) in Weltrekordweite zu Gold gesprungen. Ebenfalls zum Paralympics-Sieger krönte sich Daniel Scheil im Kugelstoßen. Die Britin Hannah Cockroft fuhr in paralympischer Rekordzeit im Rennrollstuhl zum Sieg. Martina Willing gewann zwar kein Gold, dafür aber ihre zwölfte Paralympics-Medaille.
Wie sich die Zeiten - und vor allem die Weiten - ändern: Vor vier Jahren in London war die gebürtige Schwerinerin Vanessa Low bei ihrer ersten Paralympics-Teilnahme mit 3,93 Metern Sechste geworden - und über dieses Ergebnis schwer enttäuscht gewesen. In Rio de Janeiro aber belohnte sich die 26-Jährige vom TSV Bayer 04 Leverkusen endlich mit Gold für ihr jahrelanges, ehrgeiziges Training - und wie: Gleich zweimal sprang Low im Finale Weltrekord. Zunächst verbesserte die amtierende Weltmeisterin in der Klasse T42 (Amputation) den alten Rekord (4,79 m) in ihrem zweiten Versuch auf 4,88 m, im dritten landete die Prothesenspringerin erst nach 4,93 m in der Sandgrube. Nach einem weiteren weiten Satz (4,90 m) und Minuten mit bangem Warten, ob noch eine Final-Konkurrentin weiter springen würde, dann endlich die Gewissheit und der Jubel: Das ersehnte Gold für Low war perfekt. "Das ist ein unglaubliches Gefühl, das ist nicht zu beschreiben", sprudelte es aus der Paralympics-Siegerin im Sportschau-Interview heraus. "Es hat alles zum richtigen Zeitpunkt geklappt. Ich glaube, ich brauchte die Zeit, um zu wachsen und zu reifen. Das war alles perfekt."
Platz zwei belegte ihre Dauer-Rivalin Martina Caironi (4,66 m), Bronze gewann überraschend die Kubanerin Malu Perez Iser (3,92 m). Jana Schmidt aus Rostock verpasste mit 3,53 Metern als Siebte die erhoffte Bronzemedaille um deutliche 39 Zentimeter.
Saisonbestleistung im richtigen Moment
Daniel Scheil präsentierte sich in Rio in Bestform.
Schon einige Minuten vor seiner deutschen Teamkollegin durfte sich Kugelstoßer Daniel Scheil über seine ebenfalls erste paralympische Goldmedaille freuen. Der für Weiden in der Oberpfalz startende Sachse gewann das Finale der Klasse F33 mit persönlicher Saisonbestleistung von 11,03 m. "Das war angenehmes Arbeiten heute. Ich wollte eine Medaille, dass es jetzt die goldene ist: umso besser. Ich freue mich wie Sau. Das ist super gelaufen", so der frischgebackene Sieger im Sportschau-Interview. Zweiter wurde London-Sieger Kamel Kardjena aus Algerien mit 10,94 m, der auch schon 2008 in Peking Gold gewonnen hatte. Auf Rang drei kam Hani Alnakhli aus Saudi-Arabien (8,99 m). Scheil war mit 43 Jahren der mit Abstand älteste Athlet der Konkurrenz. 2008 hatte der ehemalige Fußballer nach einem Herzinfarkt im Koma gelegen, 2010 wurde bei ihm die Muskelerkrankung Spastische Tetraparese diagnostiziert. Seitdem sitzt er im Rollstuhl.
Cockroft wird ihrer Favoritenrolle gerecht
Wieder gewonnen: Rennrollstuhlfahrerin Hannah Cockroft jubelt über ihr 100-m-Gold.
Auf der Rundbahn im Olympiastadion ist am Samstag "Hurricane Hannah" ihrer Favoritenrolle im Rennrollstuhl-Fahren gerecht geworden: Die extrovertierte Britin Hannah Cockroft gewann das Finale über 100 m in der Klasse T34 in paralympischer Rekordzeit von 17,42 Sekunden. Für die 24-jährige war es bereits das dritte Paralympics-Gold in ihrer Karriere: Vor vier Jahren in London gewann sie beide Rennen, bei denen sie an den Start ging - über 100 Meter und 200 Meter. Zweite Plätze bei internationalen Großveranstaltungen kennt die Britin gar nicht: Bei allen zehn WM- oder Paralympics-Rennen, bei denen sie seit 2011 am Start war, siegte sie auch. "Das ist immer der Plan, und den habe ich eingelöst", so Cockroft im Sportschau-Interview. In Rio geht die Britin auch noch über 400 und 800 Meter an den Start.
Aller guten Dinge sind zwölf
Martina Willing warf den Speer auf 22,22 Meter.
Für Gold hat es bei Martina Willing im Speerwerfen zwar nicht gereicht, mit Silber war die 56-Jährige bei ihren siebten Paralympics aber trotzdem mehr als zufrieden. Eine Weite von 22,22 Meter reichte für die Brandenburgerin in der Klasse F56 zum zwölften Paralympics-Edelmetall - damit blieb sie 19 Zentimeter unter ihrer Saisonbestweite. Nachdem die dreifache Speerwurf-Paralympics-Siegerin im Kugelstoßen noch leer ausgegangen war, musste sie sich im Speerwerfen nur Diana Dadzite geschlagen geben. Die 30-jährige Lettin, die in der Bundesliga Rollstuhlbasketball spielt, feierte bei ihren ersten Paralympics gleich ihr erstes Gold. Platz drei ging an die Algerierin Nadia Medjemedj (20,24 Meter).
Der Silberwurf gelang Willing bereits im dritten Versuch. Danach waren zwei von drei weiteren Würfen ungültig. "Ich wollte in den letzten noch einmal alles geben. Schade, dass man mir die ungültig gegeben hat. Ich glaube, da war ich verdammt nah dran", sagte Willing nach dem Wettkampf in der Sportschau. Glücklich war sie trotzdem: "Ich werde heute sicher noch feiern."
Stand: 11.09.16 00:47 Uhr
Medaillenspiegel
Platz | Land | G | S | B |
---|---|---|---|---|
1. | CHN | 107 | 81 | 51 |
2. | GBR | 64 | 39 | 44 |
3. | UKR | 41 | 37 | 39 |
4. | USA | 40 | 44 | 31 |
5. | AUS | 22 | 30 | 29 |
6. | GER | 18 | 25 | 14 |
7. | NED | 17 | 19 | 26 |
8. | BRA | 14 | 29 | 29 |
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