Sportschützin Manuela Schmermund mit ihrer Silbermedaille. © dpa bildfunk Foto: Daniel Karmann

Deutsches Team

Manuela Schmermund - Siegen für das Twitter-"Inferno"

Manuela Schmermund ist anlässlich der Paralympics in London dem Kurznachrichtendienst Twitter beigetreten. Die Sportschützin nutzt das soziale Netzwerk nicht nur regelmäßig, ihre Fangemeinde ist inzwischen auch auf mehr als 1.200 Follower angewachsen. Sogar einen eigenen Twitter-Fanclub weiß die 44-Jährige pünktlich zu den Spielen in Rio de Janeiro hinter sich.

Amüsante Tweets

Der nennt sich "Inferno Schmermund" und twittert auf lustige und unterhaltsame Weise alles rund um die Sportlerin, die gleich im allerersten Wettbewerb der Spiele in Rio de Janeiro antreten wird, dem Luftgewehr stehend am Donnerstag (08.09.2016, 8.30 Uhr Ortszeit/13.30 MESZ). Schmermund freut sich über die Unterstützung aus den sozialen Netzwerken bei ihren nun schon fünften Paralympics, auch wenn dadurch die Erwartungen an ihr sportliches Abschneiden steigen.

"Ich habe eigentlich keinen Bock mehr, mich mehr als nötig aufzuregen", sagt Schmermund im Interview mit dem Sport-Informationsdienst: "Aber meine Ultras setzen mich ganz schön unter Druck." Das "Inferno Schmermund" hat sogar einen eigenen Hashtag in die Twitter-Welt gesetzt. Unter #WirfürSchmermi fiebern die Schmermi-Fans, die ihr Idol nach ihrem Vornamen kurz Ela nennen, dem ersten Wettkampftag entgegen. "Ich habe keine Ahnung, wer dahintersteckt", sagt Schmermund: "Aber ich finde es total süß." Im allerersten Wettbewerb erwarten die "Ultras", die sich nicht zu erkennen geben wollen, gleich eine Medaille im Luftgewehr stehend. "Eigentlich sind die 3x20 Kleinkaliber meine starke Disziplin", erklärt Schmermund: "Aber die Medaillen habe ich irgendwie immer mit dem Luftgewehr gewonnen."

"Müssen muss nicht"

2004 in Athen war es sogar die goldene, 2008 und 2012 jeweils Silber. Und was kommt nun? "Müssen muss ich nicht. Haben hätte ich schon gerne", sagt sie. Doch ihre Vorbereitung war kompliziert. Ab Dezember 2014 fiel sie ein Jahr aus, Anfang August kam noch eine Schultereckgelenksentzündung hinzu. "Das Finale wäre schon gut", sagt Schmermund deshalb: "Aber da kann dann alles passieren."

Im Rollstuhl sitzt Schmermund seit einem Auto-Unfall 1992. "Wie es genau passiert ist, weiß ich nicht", erzählt sie: "Was ich heute beim Autofahren merke, ist, dass mir unbehaglich wird, wenn mir in einer Linkskurve ein Auto entgegenkommt. Ich nehme an, dass es so passiert ist. Das Auto ist ausgebrochen, einmal habe ich es noch gerettet, dann bin ich in eine kleine Mauer. Sie stand bis zur Mittelkonsole im Auto." Das Problem: Niemand kümmerte sich um sie. "Es hat eine Stunde gedauert, bis jemand den Notruf abgesetzt hat. Dabei sind genug Autos vorbeigekommen", sagt sie: "Den Querschnitt habe ich auch erst durch den Blutverlust bekommen. Nach sieben Tagen."

Mit Charakter überzeugt

Um sich mit der neuen Situation zu arrangieren, brauchte sie einige Zeit. "Der Unfall war drei Monate vor dem Ausbildungsende. Ich habe die Ausbildung fertig gemacht, ein Haus gebaut. Mein Lebenspartner hat mich als Folge des Unfalls verlassen. Da gab es viel zu sortieren", sagt sie: "So gingen dann sechs Jahre ins Land."

Über einen Bekannten fand sie zurück zum Schießen, wo sie vorher schon zum Regionalkader zählte. Sie überzeugte schnell mit Leistung. Und mit Charakter. So ist die Athletin, die sechseinhalb Jahre beim Deutschen Fußball-Bund im Bereich Soziales und Nachhaltigkeit arbeitete. Nun kümmert sie sich im hessischen Sozialministerium um die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskommission, seit fünf Jahren ist sie Gesamtathletensprecherin des Deutschen Behindertensportverbandes. "Man kann mich sozialromantisch nennen oder naiv", sagt Schmermund: "Aber bei Ungerechtigkeiten kann ich meine Schnute nicht halten. Das ist Fluch und Segen zugleich." Es brachte ihr manchmal Ärger ein, vor allem aber Respekt. Und inzwischen auch einen eigenen Fanclub.

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