Die deutschen Goalball-Spieler © imago/Pressefoto Baumann

Goalball

10:0! - Goalballer mit "total geilem Gefühl"

von Florian Neuhauss, sportschau.de

Es ist mucksmäuschenstill in der Future Arena. Die Klingel im Goalball ist sogar auf der Tribüne ganz genau zu hören. Dann schnappt sich Oliver Hörauf das erste Mal den Klingelball - und trifft zum 1:0. Prompt platzt es aus den Zuschauern heraus, lauter Jubel und Applaus erfüllt die gut besuchte Halle - und wird immer nur kurz unterbrochen. Denn nach nicht einmal zehn Minuten ist das Spiel schon vorbei: Deutschland besiegt Algerien mit 10:0. Und nicht nur, weil es vorher so still war, ist die Lautstärke des Beifalls und Jubels fast ohrenbetäubend.

"Quiet please!", fordert der Hallensprecher das Publikum immer wieder auf. Weil die Spieler beim Goalball alle lichtundurchlässige Brillen tragen, sind sie komplett auf ihr Gehör angewiesen. Im Spielball ist eine Klingel, die bei jeder Bodenberühung "Krach" macht. Jeweils drei Spieler versuchen, mit dem ganzen Körper ihr Tor zu verteidigen - und ihrerseits im Angriff den Ball im Netz zu versenken. Die Tore erstrecken sich über die komplette Querseite des Feldes (9x18 m).

Das deutsche Goalball-Team ist zum ersten Mal seit 2004 wieder bei den Paralympics dabei. Chefcoach Johannes Günther hat in den vergangenen vier Jahren eine neue Mannschaft aufgebaut - und eigentlich als Fernziel die Sommerspiele 2020 in Rio ausgegeben. Doch überraschend gelang im vergangenen Jahr die Paralympics-Qualifikation. Team Germany ist das jüngste im Turnier.

Deutsche Jungspunde bestens eingestellt

Beim ersten Gegner Algerien stehen zwei 40-Jährige auf dem Platz. Oliver Hörauf ist gerade mal 19, Thomas Steiger 20 - Michael Feistle mit seinen 23 Jahren schon der Senior des Trios, das das erste Spiel beginnt. Kurz nach dem Anpfiff der ersten Hälfte markiert Hörauf den ersten Treffer, auch Steiger und Feistle tragen sich in die Torschützenliste ein. Ihr Trainer ist "im Tunnel", nimmt das Spielgeschehen am Rand fast reglos in der Hocke zur Kenntnis. Noch nicht mal die Hälfte der zwölf Minuten sind abgelaufen, als Deutschland mit einem Doppelschlag das 5:0 und 6:0 erzielt.

Immer wieder flippen die Zuschauer fast aus, wenn der Klingelball im Tor der Algerier landet. Den Moment, in dem nach dem Tor der Jubel losbricht, beschreibt Feistle als ein "total geiles Gefühl" und strahlt. Das deutsche Team hatte sich auf ein enges Spiel eingestellt. "Aber wir haben das richtig gut gemacht." Die Algerier können Wurftechnik und Tempo ihrer Gegner kaum etwas entgegensetzen.

Erst Ohren spitzen, dann angreifen

Die deutschen Goalball-Spieler Oliver Hörauf (l.) und Thomas Steiger wehren einen Ball ab. © imago/Pressefoto Baumann

Oliver Hörauf (l.) und Thomas Steiger wehren einen Ball ab.

"Quiet please!" Die Deutschen hocken mit gespitzten Ohren vor ihrem Tor, Steiger in der Dreierreihe leicht nach vorne versetzt. Wenn einer von ihnen den Wurf geblockt hat, nimmt er den Ball auf, orientiert sich mit der Hand an der Torlatte kurz, wo er steht und greift mit ein paar schnellen Schritten nach vorn schon wieder an.

3:37 Minuten sind noch zu spielen, da steht es 8:0. Feistle ist es wenig später vorbehalten, mit seinem vierten Treffer - Hörauf hat am Ende fünf, Steiger einen - das Spiel zu beenden. Bei zehn Toren Vorsprung greift die "Mercy-Regel", aus Gnade dem zurückliegenden Team gegenüber ist Schluss. Die Algerier werden mit viel Applaus verabschiedet, als die Sieger den Platz verlassen, ist es allerdings noch deutlich lauter in der Future Arena.

Trainer Günther ist sprachlos

"Ich habe mich in den letzten Tagen dabei erwischt, mir vorzustellen, was für uns hier möglich ist", sagt Günther. "Aber ein 10:0 in der ersten Hälfte hätte ich als utopisch deklariert." In der Vergangenheit habe sein Team immer wieder Führungen weggegeben. "Heute haben sie aber sehr abgeklärt gespielt - ich bin sprachlos."

In jeder der zwei Fünfergruppen bleibt nach der Vorrunde nur eine Nation auf der Strecke, gespielt wird im Viertelfinale dann über Kreuz. Deutschland bekommt es noch mit Kanada, Schweden und Brasilien zu tun. "Heute waren die Cariocas auf unserer Seite, gegen Brasilien müssen wir uns auf eine andere Stimmung einstellen", weiß Feistle. Vor dem letzten Gruppenspiel werde die Tabelle "aussagekräftig" sein. "Ich hoffe, dass wir dann schon das Viertelfinale sicher haben und am Ende nicht unbedingt Vierter werden", sagt Günther. Der erste Auftritt macht auf jeden Fall Hoffnung, dass es mit diesem Vorhaben klappt.

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 19.09.2016, 10.00 Uhr

Stand: 08.09.16 22:05 Uhr

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