Die Bildcombo zeigt Sprinter Alexander Kosenkow und Bahnradfahrer Robert Förstemann © Imago Images

Bahnrad

Olympia war gestern - Paralympics mit Förstemann und Kosenkow

Robert Förstemann auf dem Bahnrad und Alexander Kosenkow auf der Laufbahn haben für Deutschland große Erfolge gefeiert. Nach dem Karriereende sind die beiden im Parasport durchgestartet - und haben bei den Paralympics Tokio durchaus Ambitionen.

Sowohl der Bronzemedaillengewinner bei den Olympischen Spielen in London im Teamsprint Förstemann als auch Kosenkow sind in Japan mit sehbehinderten Athleten unterwegs. Förstemann ist der Pilot auf dem Tandem mit Kai-Kristian Kruse. Kosenkow läuft als Guide mit Sprinter Marcel Böttger.

Das Bahnrad-Duo startet am Mittwoch (25.08.2021) in der Einzelverfolgung über 4.000 Meter. Ihre Paradestrecke ist allerdings das 1000-Meter-Zeitfahren am Samstag (28.08.2021). Für Böttger und Kosenkow wird es am Freitag (27.07.2021) ernst, wenn die Vorläufe über 100 Meter anstehen, um die Medaillen geht's zwei Tage später.

Förstemann besser drauf als zu Weltrekord-Zeiten

"Nachdem ich zweimal bei den Olympischen Spielen war, ist das eine ganz coole Möglichkeit, den Radsport noch mal aus einer völlig neuen Perspektive zu erleben", sagte der 35-jährige Förstemann, der noch lange nicht zum Altenteil zählt. Der Weltmeister von 2010 ist nach eigener Aussage so stark wie noch nie: "Ich fahre im Moment Bestleistung, ich habe alle meine Rekorde aus den Jahren 2013 und 2014, als wir Weltrekord gefahren sind im olympischen Bereich, gebrochen." Daran könne man sehen, wie viel Spaß er an der neuen Aufgabe hat: "Das ist eine tolle Herausforderung für mich."

Nach Medaille bei Olympia auch bei den Paralympics?

Für Kruse sind die Paralympics kein Neuland, Silber und Bronze hat der 30-Jährige bereits gewonnen - allerdings als Para-Ruderer. Ziel der Zusammenarbeit ist es, den Medaillensatz zu vervollständigen. Die Chancen in Tokio sind, nicht zuletzt wegen Corona-bedingt ausgefallener Wettkämpfe, schwer einzuschätzen. Alles für den Erfolg getan haben die beiden und ihr Team offenbar.

Über 4.000 Watt können die beiden zusammen treten - und kommen auf über 70 km/h. Ihr altes Aluminium-Rad, auf dem sie sich bei der WM in Kanada als Dritte für die Paralympics qualifiziert hatten, ist mittlerweile durch ein modernes Carbongestell ersetzt worden. Die anfänglichen Material-Probleme, Kurbeln und Achsen waren der Kraft der "Tandem-Monster" schlicht nicht gewachsen, sind mittlerweile ausgestanden. Die Teile wurden mittlerweile extra verstärkt, damit zum Beispiel die Kette, auf die mehrere hundert Kilogramm wirken, der Belastung auch standhält. Alles heil bleibt trotzdem nicht - wie ein harter Sturz kürzlich bewies.

Schon jetzt Fernziel Paris

Ob es nun mit einer (Gold-) Medaille klappt oder nicht: Das Duo hat bereits abgesprochen, dass es auf jeden Fall noch bis 2024 in Paris weitergehen soll. "Wegen Corona wird es anders sein als sonst. Aber ich habe schon zu Kai gesagt, wir müssen definitiv Paris noch mal mitnehmen, um das richtige Feeling zu haben. Wir haben uns gut vorbereitet und freuen uns, was kommt", erklärte Förstemann. All das zum Ende seiner Zeit als Aktiver noch zu erleben, "hat mich unheimlich fasziniert".

Kosenkows unverhoffter Sprung in den Para-Sport

Für Kosenkow ging es mit der Para-Sportkarriere los, bevor er vom Ende seiner eigentlichen Berufung wusste. Durch eine nur langsam heilende muskuläre Verletzung verpasste der mehrfache EM-Medaillengewinner mit der Staffel im Jahr 2017 die Qualifikation für die kommende Europameisterschaft. Verband und Verein ließen durchblicken, dass sie nicht mehr lange mit dem damals 40-Jährigen planen würden. Zumal damit auch die Förderung als Sportsoldat auf der Kippe stand, kam ein Angebot seines Clubs wie gerufen: Para-Sprinterin Katrin Müller-Rottgardt, die wie Kosenkow für den TV Wattenscheid startet, suchte einen neuen Guide. Und nach zwei Wochen Bedenkzeit sagte er zu.

"Ich war überrascht, wie schnell wir in den Rhythmus gekommen sind. Katrin ist sehr erfahren und hat mich gut mit ins Boot geholt", sagte Kosenkow. Über 100 m gewann das neue Duo EM-Gold, über 200 m Silber. "Wir waren erfolgreich, aber die Zeiten waren nicht so, wie sich das Katrin vorgestellt hatte." Auf der Paralympics-Bühne wäre damit nichts zu gewinnen gewesen. "Sie kommt über lange raumgreifende Schritte, meine Frequenz ist viel höher."

Mit Böttger passt es sofort

So gingen Müller-Rottgardt und Kosenkow getrennte Wege, doch die nächste Aufgabe war schon abzusehen. Marcel Böttger, Sprinter in der Klasse mit Sehkraft von zwei bis fünf Prozent, war dem erfahrenen Athleten aufgefallen. Der 28-Jährige war bis dahin ohne Guide unterwegs, hatte aber sichtlich Probleme. "Die meisten seiner Kontrahenten können besser sehen als er. Marcel hatte großes Talent, aber bei den 200 Metern brauchte er in der Kurve schon mal drei Bahnen", erklärte Kosenkow, der mittlerweile auch Böttgers Trainer ist. "Ich konnte ihn gut unterstützen und hatte selbst auch noch Lust zu laufen."

"Wir haben uns 2019 gleich für die WM qualifiziert und er hat seine Bestzeit von 12,0 auf 11,1 Sekunden gedrückt", berichtete der Coach nicht ohne Stolz. In der Leistungssteigerung liegt aber auch ein Problem: "Er wird in ein, zwei Jahren schneller sein als ich. Dann bin ich eher eine Last. Aber bei dem Tempo noch einen Guide zu finden, ist wirklich schwierig. Wir müssen so trainieren, dass er dann allein laufen kann." Mit einem Guide zu laufen, ist in der Klasse T12 ohnehin ein Nachteil. Gemeinsam Tempo aufzunehmen, ist schwieriger als allein.

Trainer Kosenkow hat große Pläne

Kosenkow macht Ende des Jahres seinen A-Trainerschein. An der Sporthochschule Köln möchte er danach seine Trainerausbildung abschließen. "Wir haben mit Marcel, Katrin und Janne Engeleiter nur drei sehbehinderte Sprinter. In dem Bereich gibt es aber viel mehr Potenzial, wenn man Sichtungen durchführt und das Training richtig steuert. Ich fühle mich beim DBS wohl und würde das gern in die Hand nehmen", betonte der 44-Jährige.

Doch zunächst strebt Kosenkow noch mit Böttger eine Medaille an: "Gold ist nicht möglich. Aber Marcel hat eine Zeit unter 11,0 drauf - und damit ist der Einzug ins Finale möglich." Mit der der deutschen Sprintstaffel belegte der gebürtige Kirgise 2008 bei Olympia Rang fünf. Bei den Paralympics könnte auch er sich noch einen Traum erfüllen.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Sportschau | Paralympics 2020 | 24.08.2021 | 09:05 Uhr

Medaillenspiegel

Aktueller Medaillenspiegel
Platz Land G S B
1. Flagge Volksrepublik China CHN 96 60 51
2. Flagge Großbritannien GBR 41 38 45
3. Flagge USA USA 37 36 31
4. Flagge Russisches Paralympisches Komitee RPC 36 33 49
5. Flagge Niederlande NED 25 17 17
6. Flagge Ukraine UKR 24 47 27
7. Flagge Brasilien BRA 22 20 30
8. Flagge Australien AUS 21 29 30
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12. Flagge Deutschland GER 13 12 18
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