67 Jahre alt ist Horst Hrubesch. Obwohl der gebürtige Westfale im Rentenalter ist, ans Aufhören denkt das ehemalige "Kopfball-Ungeheuer" aber noch lange nicht.
Der gelernte Dachdecker (l.) schafft erst spät den Sprung ins Fußballprofigeschäft. Als 24-Jähriger heuert er 1975 bei Rot-Weiss Essen an und macht sich an der Seite von Willi Lippens (r.) einen Namen. In 83 Erst- und Zweitligaspielen erzielt er 80 Tore. Hrubeschs 42 Treffer 1977/1978 sind noch immer Zweitligarekord.
Hrubesch ist in Essen nicht mehr zu halten, der Hamburger SV verpflichtet den Mittelstürmer. An der Seite von Kevin Keegan (l.) wird Hrubesch mit den Hanseaten auf Anhieb deutscher Meister. Zum Titelgewinn steuert der 1,88 Meter große Hüne 13 Treffer bei.
Im darauffolgenden Jahr erreicht der HSV das Finale im Europapokal der Landesmeister. Sieben Tore in neun Spielen erzielt Hrubesch, zwei davon beim legendären 5:1 im Halbfinalrückspiel gegen Real Madrid.
1982 feiert der Top-Stürmer seine zweite Meisterschaft mit den Hamburgern. Legendär ist sein Tor zum 4:3-Sieg bei Bayern München im April in der 90. Minute. Der Sieg ist eine entscheidende Station auf dem Weg zum Titelgewinn. Mit 27 Treffern wird Hrubesch zudem Torschützenkönig. Zum einzigen Mal, was angesichts seiner insgesamt 136 Bundesligatore ein wenig verwundert.
1983 trifft Hrubesch "nur" noch 18-mal in der Liga. Dass er nicht nur ein "Kopfball-Ungeheuer" ist, zeigt er unter anderem im Pokalspiel gegen Werder Bremen (Torwart Dieter Burdenski, M., ist machtlos).
Dennoch steht am Saisonende wieder der Titelgewinn. Hier jubelt er an der Seite seines Flankengebers Manfred Kaltz. Hrubeschs Erfolgsgeheimnis: "Manni Fanke, ich Kopf, Tor!"
Das größte Vereinsspiel der Karriere erlebt Horst Hrubesch jedoch zwei Wochen vorher in Athen. Beim Finale im Europapokal der Landesmeister gegen Juventus Turin trifft der Stürmer zwar nicht, ...
... aber dank eines Tores von Felix Magath gewinnt der HSV den Cup, den Ditmar Jakobs (r.) und Horst Hrubesch in die Höhe recken.
Trainer Ernst Happel (l.) und sein Stürmer präsentieren stolz die Trophäen. Es sind die letzten für Hrubesch, denn der 32-Jährige bekommt "aus Altersgründen" keinen neuen Vertrag beim HSV.
Der Routinier heuert für zwei Jahre beim belgischen Erstligisten Standard Lüttich an, wo er jedoch keinen Titel mehr gewinnt. 1985/1986 gibt er noch einmal ein Comeback in der Bundesliga bei Borussia Dortmund. Nach 17 Spielen (zwei Tore) bedeutet eine Leistenoperation jedoch das Karriereende als Spieler.
In der Nationalelf debütiert Hrubesch ebenfalls spät, aber ebenso erfolgreich. Der HSV-Stürmer erzielt im Finale der Europameisterschaft 1980 beide Treffer zum 2:1-Sieg gegen Belgien.
Horst Hrubesch, der erst knapp drei Monate vorher als 29-Jähriger sein erstes Länderspiel absolvierte, ist Europameister.
Auch in der Nationalelf wuchtet Hrubesch die Bälle meist per Kopf ins Tor. Da staunt sogar ein Weltstar wie Frankreichs Michel Platini (l.).
1982 nimmt der Hamburger an der WM in Spanien teil. Er trifft unter anderem beim 1:0 gegen Österreich - dem Spiel, das zur "Schande von Gijon" wird, weil beiden Teams das Ergebnis zum Weiterkommen reicht und fortan der Ball nur noch hin- und hergeschoben wird. Das WM-Finale gegen Italien (1:3) ist das letzte von Hrubeschs 21 Länderspielen (sechs Tore).
Nach seinem Karriereende gelingt Hrubesch der nahtlose Übergang vom Spieler zum Trainer. Dem guten Auftakt (Platz zehn mit Aufsteiger Essen in der Zweiten Liga) stehen weniger erfolgreiche Engagements bei Hansa Rostock und Dynamo Dresden gegenüber.
Horst Hrubesch wechselt zum Deutschen Fußball-Bund (DFB) und ist bei der Europameisterschaft im Jahr 2000 Assistent von Bundestrainer Erich Ribbeck.
Seine wahre Bestimmung findet er jedoch im Nachwuchsbereich des DFB. Horst Hrubesch übernimmt im Jahr 2002 die U19-Nationalelf.
2004 trainiert er die U20, formt Spieler wie Robert Huth (l.) zu A-Nationalspielern. Mit der U19 wird Hrubesch 2008 Europameister - der erste Nachwuchstitel für den DFB nach 16-jähriger Durststrecke.
Der Triumph im Jahr 2009: Die von Hrubesch betreute U21 Deutschlands wird Europameister.
In der deutschen Elf stehen auch die späteren Weltmeister Manuel Neuer, Jerome Boateng, Mats Hummels (hier links im Bild), Sami Khedira und Mesut Özil.
Mit der Silbermedaille bei den Olympischen Spiele 2016 erfüllt sich der Trainerfuchs einen Traum. Im März 2018 übernahm Hrubesch interimsweise den Posten des Bundestrainers der deutschen Frauenfußballnationalmannschaft und erreicht souverän die WM-Endrunde. Wie es danach weitergeht? Das weiß Hrubesch vielleicht noch nicht einmal selbst.
Unwahrscheinlich, dass er sich nur noch seinem großen Hobby widmet, aber Angeln ist seine große Leidenschaft. Dabei hat er Muße, über alles nachzudenken. Unvergessen sein Bonmot: "Man lässt das alles noch mal Paroli laufen."