Handball
Erster Dämpfer für Katars Olympia-Träume
Für Katars Handballer setzte es gegen Gold-Favorit Frankreich die erste Niederlage. An den ehrgeizigen Zielen der als Söldnertruppe verschrieenen Katarer ändert dies aber nichts.
Was Bertrand Roine beim Abspielen der Marsellaise vor dem Spiel gedacht hat, darüber kann man nur spekulieren. Der Rückraum-Routinier, geboren vor 35 Jahren im nordfranzösischen Sainte-Gemmes-d’Andigné, gehört zu den acht eingebürgerten Spielern in Katars Nationalteam. Am Dienstag (09.08.2016) trat Roine gegen sein Geburtsland an. Sein Teamkollege Marko Bagaric, langjähriger kroatischer Nationalspieler, hatte sich zuvor nach Katars Auftaktspiel gegen seine Landsleute noch erfrischend ehrlich geäußert: "Am schlechtesten habe ich mich während der Nationalhymne gefühlt", sagte Bagaric. "Aber was soll ich machen? Katar hat mir die Chance gegeben, bei den Olympischen Spielen dabei zu sein."
Internationale Altstar-Auswahl mit großen Ambitionen
Ähnlich professionell geht auch der Rest der als "Handball-Söldner" verschrieenen Mannschaft mit der Tatsache um, dass sie seit 2014 für den Wüstenstaat auflaufen. Dank einer nicht nur in der Handball-Welt höchst umstrittenen Regel, wonach Nationalspieler, die seit drei Jahren kein Länderspiel mehr für ihre Heimat bestritten haben, den Verband wechseln können. Die Internationale Handball-Föderation (IHF) hielt trotz internationaler Kritik an diesem Schlupfloch fest, das Katar konsequent für seine aufstrebenden sportpolitischen Ziele nutzt.
In den vergangenen Jahren "kauften" sich die Katarer auf diesem Weg eine leistungsstarke Handball-Auswahl zusammen, mit international erfahrenen Spielern vorwiegend aus Frankreich, den Balkanländern oder Nordafrika. Bei ihren Klubs in Katar kassieren sie ein fürstliches Grundgehalt, angeblich mehr als 30.000 Euro im Monat. Bei der WM sollen noch Siegprämien von mehr als 500.000 Euro obendrauf gekommen sein - pro Spieler. Mit noch mehr Petrodollars wurde Spaniens früherer Nationalcoach Valero Rivera Lopez in den Wüstenstaat gelockt, einer der erfolgreichsten Handball-Trainer aller Zeiten.
Katar demonstriert Selbstbewusstsein
Für den Großteil der Mannschaft ist es das dritte große Turnier. Nach dem Gewinn der Asienmeisterschaft und Silber bei der Heim-WM im vergangenen Jahr wollen Katars Handballer nun auch erstmals bei Olympia glänzen. Mit dem überlegenen 30:23-Auftaktsieg gegen den EM-Dritten Kroatien setzten sie schon einmal ein erstes Ausrufezeichen. Die 20:35-Niederlage gegen die Handball-Macht Frankreich, amtierender Olympiasieger und auch in Rio Gold-Favorit, soll die Katarer auf dem Weg zur ersehnten prestigeträchtigen Medaille nicht aus dem Konzept bringen. "Wir haben gezeigt, dass wir in einer guten Verfassung sind, stark und mit Herz. Das ist das Wichtigste", hatte Torhüter Danijel Saric schon nach dem imponierenden Sieg gegen Kroatien gesagt und dabei das Selbstbewusstsein der erfahrenen Mannschaft demonstriert.
Nach durchwachsenen Testspiel-Ergebnissen, unter anderem einer 17:32-Klatsche im Frühjahr gegen das deutsche Team, scheint Katars Altstar-Auswahl zum Saison-Höhepunkt wieder zur starken Form der vergangenen Großturniere zurückgefunden zu haben. Offenbar hervorragend eigestellt vom spanischen Startrainer Rivera. Vor allem die ausgesprochen austrainierten Rückraumschützen Zarko Markovic (zehn Tore) und Rafael Capote (sechs) liefen neben Saric gegen Kroatien zur Höchstform auf. Gegen Top-Favorit Frankreich trafen die gefährlichsten Schützen jeweils nur viermal ins Netz - aber die Katarer haben schon in der Vorbereitung gezeigt, dass sie nach Rückschlägen eine Reaktion zeigen können. Und das olympische Turnier hat ja gerade erst begonnen.
Stand: 09.08.16 16:30 Uhr
Sportarten
Ergebnisse
Medaillenspiegel
Platz | Land | G | S | B |
---|---|---|---|---|
1. | USA | 46 | 37 | 38 |
2. | GBR | 27 | 23 | 17 |
3. | CHN | 26 | 18 | 26 |
4. | RUS | 19 | 17 | 20 |
5. | GER | 17 | 10 | 15 |
6. | JPN | 12 | 8 | 21 |
7. | FRA | 10 | 18 | 14 |
8. | KOR | 9 | 3 | 9 |
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