Radsport Straße
Niederländerin siegt im Frauen-Straßenrennen
Die Niederländerin Anna van der Breggen hat sich den Olympiasieg im Straßenradrennen der Frauen vor Emma Johansson (Schweden) und Elisa Longo Borghini (Italien) geholt. Überschattet war das Rennen vom schweren Sturz der Niederländerin Annemiek van Vleuten.
Der Himmel über Rio hatte sich zugezogen, als sich am Sonntagmittag 68 Radfahrerinnen auf die schwere Olympiastrecke machten, die tags zuvor schon die Männer das Fürchten gelehrt hatten. Zwar standen für die Frauen nur 141 Kilometer auf dem Programm, doch "superschwer" war auch das Urteil, das die Frauen zuvor über diesen nun in nebligem Grau liegenden Kurs getroffen hatten.
Lichtenberg als Mitfavoritin ins Rennen gestartet
Für das von vornherein als Mitfavorit eingeschätzte deutsche Team ging das Quartett Lisa Brennauer, Romy Kasper, Claudia Lichtenberg und Trixi Worrack auf den Kurs, vor allem die ehemalige Giro-d'Italia-Siegerin Lichtenberg (ehemals Häusler) rechnete sich aufgrund ihrer starken Kletterfähigkeiten beste Möglichkeiten aus. Und die, so war die Vorstellung, sollte erst einmal aus der harten Arbeit herausgehalten werden. Um später zuschlagen zu können.
Die Taktik des deutschen Teams ging zu Beginn des Rennens allerdings nur bedingt auf. Nachdem die Belgierin Lotte Kopecky schon früh als Solistin aus dem großen Feld herausgefahren war, folgte ihr wenige Minuten später Romy Kasper. Doch die Deutsche konnte nicht wie geplant zur führenden Belgierin aufschließen und somit die restlichen Nationen unter Druck setzen, sondern wurde vom Feld zeitig wieder eingeholt.
Worrack in starker Fluchtgruppe
Romy Kasper auf ihrer frühen Flucht.
Für die Deutschen hieß das: Ab sofort mussten sie wieder im vorderen Teil des Feldes kraftraubend mitarbeiten und schauen, keine wichtige Gruppe unkontrolliert wegziehen zu lassen. Als Nächste beherzigte das Trixi Worrack, die sich in eine Fluchtgruppe mit Kristin Armstrong (USA), Giorgia Bronzini (Italien), Ellen van Dijk (Niederlande) und Anna Plichta (Polen) hängte, die sich auf die Jagd nach der Belgierin Kopecky machten. Eigentlich eine aussichtsreiche Zusammenstellung mit starken Fahrerinnen, doch mit einem Makel behaftet: Weil keine Britin vertreten war, machten diese im Hauptfeld Tempo und fuhren das Loch nach allerdings harter Arbeit wieder zu.
Das ganze Spiel ging also von vorn los, die Belgierin Kopecky war nun auch wieder eingeholt. Das Feld war zusammen, auch Lichtenberg musste sich voll reinhängen, um vorn mit dabei zu bleiben. Auf der anderen Seite hatte man stets das Gefühl, das meist vorn fahrende deutsche Quartett habe Kontrolle über das Rennen.
20 km vor dem Ziel - deutsche Starterinnen abgehängt
Entsprechend war es mit Worrack dann auch wieder eine Deutsche, auf deren Initiative die nächste Fluchtgruppe entstand. Und die war mit der niederländischen Top-Favoritin Marianne Vos, Worrack und der Französin Ferrand Prevot enorm prominent und stark bestückt. Dennoch hielt auch diese Gruppe nur bis zum Fuß des letzten schweren Anstiegs hinauf zur Vista Chinesa, rund 20 km vor dem Ziel - dann war das Feld wieder dran. Und es bildete sich eine neue Spitzengruppe - ohne deutsche Starterinnen. Es war nun klar: Den Sieg würden andere unter sich ausmachen.
Van Vleuten mit furchteinflößendem Sturz
Wie beim Männer-Rennen am Samstag blieb aber auch das Frauen-Rennen nicht ohne schweren Sturz. Nach Vincenzo Nibali, der am Vortag einen Schlüsselbeinbruch erlitten hatte, konnte am Sonntag auch Annemiek van Vleuten eine Führung nicht ins Ziel bringen. Wie Nibali stürzte auch die Niederländerin in der technisch schwierigen Abfahrt rund zehn Kilometer vor dem Ziel. Nach einem Verbremser knallte van Vleuten mit dem Vorderrad auf die Bordsteinkante knallte und fiel auf den Oberkörper.
Der Sturz war derart furchteinflößend, dass die Szene nicht in Zeitlupe wiederholt wurde. Die 33-Jährige blieb bewegungslos liegen und war zunächst bewusstlos. Erst nach bangen Minuten der Ungewissheit kam die zunächst zögerliche Entwarnung: Van Vleuten, teilte der niederländische Chef de Mission Maurits Hendriks mit, habe "nur" einen Schock erlitten und sei ansonsten "okay". Der niederländische TV-Sender NOS wurde allerdings am Abend konkreter und berichtete, van Vleuten habe drei Knochenabsplitterungen an der Lendenwirbelsäule und eine schwere Gehirnerschütterung erlitten. Van Vleuten gab später nach eingehenden Untersuchungen der Ärzte via Twitter Entwarnung. "Ich bin jetzt im Krankenhaus mit ein paar Verletzungen und Brüchen, aber alles wird gut", schrieb die Niederländerin. "Nach dem besten Rennen meiner Karriere bin ich aber vor allem super enttäuscht."
"Ich habe sie liegen gesehen und war sehr geschockt", sagte die spätere Olympiasiegerin van der Breggen über den Sturz ihrer Landsfrau. "Aber dann kam Emma Johansson und sagte: 'Los, wir machen das für Annemiek!' Das hat mir geholfen, den Schalter umzulegen."
Abbott bringt Solofahrt nicht ins Ziel
Nach dem Sturz von van Vleuten machte sich zunächst ihre Verfolgerin Abbott auf eine Alleinfahrt in Richtung Sieg. Doch die US-Amerikanerin hatte kein Glück. Das Trio um van der Breggen, das später auf den drei Podiumsplätzen landete, fuhr das Loch zur Führenden auf den letzten 500 Metern noch zu und ließ Abbott nur den undankbaren vierten Rang.
Unzufrieden unter dem Strich auch die deutschen Starterinnen, die mit dem Ausgang des Rennens nichts mehr zu tun hatten. Als beste Fahrerin fuhr Lisa Brennauer mit fast fünf Minuten Rückstand als 19. über den Zielstrich.
Stand: 07.08.16 23:57 Uhr
Weitere Informationen
Sportarten
Ergebnisse
Medaillenspiegel
Platz | Land | G | S | B |
---|---|---|---|---|
1. | USA | 46 | 37 | 38 |
2. | GBR | 27 | 23 | 17 |
3. | CHN | 26 | 18 | 26 |
4. | RUS | 19 | 17 | 20 |
5. | GER | 17 | 10 | 15 |
6. | JPN | 12 | 8 | 21 |
7. | FRA | 10 | 18 | 14 |
8. | KOR | 9 | 3 | 9 |
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