Tom, das Maskottchen der Paralympics in Rio © imago/ITAR-TASS

Paralympics in Rio de Janeiro: Klappt das?

von Florian Neuhauss, sportschau.de

Die schlechten Nachrichten reißen vor den 15. Sommer-Paralympics nicht ab. Karl Quade ist in Rio de Janeiro zum elften Mal als deutscher Chef de Mission dabei. Medaillenvorgaben gibt es von ihm nicht. Dafür weiß der 61-Jährige, worauf es ankommt, damit die Spiele am Zuckerhut gelingen.

155 deutsche Athletinnen und Athleten führt Chef de Mission Dr. Karl Quade zu den Paralympics nach Brasilien. Das sind sogar noch vier mehr als vor vier Jahren in London. Trotzdem hält sich der 61-Jährige mit Medaillenvorgaben bewusst zurück. "Entscheidend ist das sportliche Abschneiden, darauf wird geguckt - und ich gehe davon aus, dass es gut sein wird", sagte Quade: "Von mir wird es aber keine Medaillenkorridore geben, und es gibt auch keinen Malus." Insgesamt treten rund 4300 Athleten aus gut 160 Nationen in 528 Medaillenentscheidungen an.

"Die schwierigsten Bedingungen der Geschichte"

IPC-Präsident Sir Philip Craven (M.) © imago/Xinhua

IPC-Präsident Sir Philip Craven (M.) machte sich vor Ort ein Bild von den Gegebenheiten.

Allerdings hat Rios Finanzkrise auch die Organisation der Paralympics massiv beeinflusst. In den vergangenen Wochen wurde sogar über eine Absage der Spiele diskutiert. Für Sir Philip Craven, den Präsidenten des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC), war das aber nach eigenen Worten nie ernsthaft ein Thema. "Als wir die Fakten auf dem Tisch hatten, konnten wir etwas unternehmen", sagte er in einem exklusiven ARD-Interview wenige Tage vor Beginn der Paralympics. "Wir haben gemeinsam die Puzzleteile zusammengefügt und die Sachen ins Rollen gebracht." Dennoch: An vielen Stellen rund um die Wettkämpfe und Veranstaltungen mussten wegen der schwierigen Rahmenbedingungen zuletzt Abstriche gemacht werden. Die Athleten sollen davon möglichst wenig merken, allerdings wurden bereits Wettkämpfe verlegt, sodass die Youth Arena nicht mehr geöffnet werden muss.

Bei DBS-Verantwortlichen überwiegt die Vorfreude

Trotz all der Negativmeldungen blickt Quade optimistisch auf die Spiele am Zuckerhut: "Ich habe schon erwartet, dass nicht alles so einfach funktionieren wird - gerade bei den Eintrittskarten. Die Brasilianer haben wohl eine andere Denke. Die planen nicht so weit im Voraus, dass sie in ein paar Monaten zu den Paralympics gehen wollen."

Der Präsident des Deutschen Behindertensportverbands Julius Beucher und der Chef de Mission der deutschen paralympischen Mannschaft Karl Quade stehen vor einem Aufsteller. © dpa Foto: Sebastian Gollnow

DBS-Präsident Julius Beucher (l.) und Chef de Mission Karl Quade.

Die schon bei Olympia oftmals halbleeren Arenen sind das eine, die Buhrufe gegen ausländische Athleten von vielen Brasilianern auf den Rängen das andere. "Das ist ein No-Go und gehört sich nicht - südländisches Temperament hin oder her", sagte Quade im Interview mit sportschau.de. "Das darf nicht sein - und ich hoffe, dass es bei den Paralympics anders sein wird." Der Ticket-Verkauf verlief lange Zeit sehr schleppend, mittlerweile sind laut Aussage der Organisatoren mehr als eine Million Karten, größtenteils zu reduzierten Preisen, verkauft worden. Volle Stadien und Hallen garantiert dies jedoch nicht, wie Olympia gezeigt hat.

Die Paralympics in Rio sind die elften (Sommer und Winter), die Quade als Chef de Mission begleitet. Vergleichsmöglichkeiten hat der 61-Jährige also zur Genüge. Was waren seine Lieblingsspiele als Funktionär? "London, das ist relativ einfach. Da hat alles funktioniert, die Metalität ist die unsere. Beim Dorf muss man ein paar Abstriche machen, aber der Rest war einfach top", betonte Quade, der selbst mit dem Volleyball-Team 1988 Gold gewonnen hat. Entscheidend sei es, die Bevölkerung zu erreichen. In der britischen Metropole habe es keine Pfeifkonzerte, "sondern Applaus für alle gegeben - wenn für die Briten auch ein bisschen mehr."

Keine Ausreden - nicht das erste Mal Probleme

Wie die Sportler Rio in Erinnerung behalten werden, steht und fällt natürlich mit ihrem Abschneiden. Die Querelen im Vorfeld der Spiele dürfen hinterher aber keine Ausrede sein, forderte Quade. "Nur ganz schlechte organisatorische Rahmenbedingungen könnten die Athleten von ihrer Leistung abhalten", erklärte der Chef de Mission. "Die Sportler haben natürlich volle Tribünen verdient. Wesentlich ist aber ihre Leistung - und die darf nicht von den Zuschauern abhängen."

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 19.09.2016, 10.00 Uhr

Stand: 03.09.16 10:46 Uhr

Medaillenspiegel

Aktueller Medaillenspiegel
Platz Land G S B
1. Flagge Volksrepublik China CHN 107 81 51
2. Flagge Großbritannien GBR 64 39 44
3. Flagge Ukraine UKR 41 37 39
4. Flagge USA USA 40 44 31
5. Flagge Australien AUS 22 30 29
6. Flagge Deutschland GER 18 25 14
7. Flagge Niederlande NED 17 19 26
8. Flagge Brasilien BRA 14 29 29
Stand nach 528 von 528 Entscheidungen.

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