Am Sonntag (14.08.16, 3.25 Uhr) messen sich die schnellsten Männer der Welt im 100-Meter-Lauf. Favorit ist - natürlich - der Jamaikaner Usain Bolt, der auf dieser Strecke zum dritten Mal in Folge Gold holen will. Mit dem möglichen Triple-Titel will er endgültig zur Legende werden. Er wolle für die Leichtathletik das sein, was Muhammad Ali fürs Boxen ist, sagte Bolt in einem Interview. Die Menschen sollten mit Ehrfurcht von ihm sprechen,
wünscht sich der Jamaikaner.
Sein härtester Konkurrent ist der US-Amerikaner Justin Gatlin sein. Der Olympiasieger von 2004 hat eine illustre Dopingvergangenheit. "Wenn man etwa den Amerikaner Justin Gatlin sieht, der mehrfach des Dopings überführt wurde und der jetzt schneller läuft als zu den Zeiten, als er definitiv vollgepumpt war, dann kann da was nicht stimmen", sagt ARD-Leichtathletikexperte Frank Busemann. Gatlin hält mit 9,80 Sekunden derzeit die Weltjahresbestzeit.
Auch LaShawn Merritt ist bereits als Doper überführt worden. Sechs Jahre nach seiner Sperre von 2010 ist er dennoch das Maß der Dinge über die 400 Meter. Zwei Olympiasiege sowie sieben WM-Titel stehen für den US-Amerikaner in den Statistiken. Auch in 200-Meter-Rennen. Zuletzt sprintete der 30-Jährige bei den US-Trials auf kaum nachvollziehbare 19,74 Sekunden.
Sein größter Konkurrent über die Stadionrunde (Sonntag, 03.00 Uhr) ist Wayde van Niekerk. Der Südafrikaner schnappte Merritt bei der WM im vergangenen Jahr die Goldmedaille weg und lief dabei eine überragende Zeit von 43,48 Sekunden, die viertbeste Zeit, die jemals über 400 Meter gelaufen wurde. Van Niekerk war 2015 auch der erste Afrikaner, der überhaupt unter 44 Sekunden geblieben war.
Einer gegen alle - zumindest gegen alle Kenianer. Der Brite Mohamed "Mo" Farah begeisterte vor vier Jahren in London seine Landsleute und sicherte der Läufernation die Goldmedaille über 5.000 und 10.000 Meter. Sieben Rennen in Folge gewann der in Somalia geborene Läufer bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften zuletzt gegen die ehemals so mächtige kenianische Läuferphalanx. Klappt's auch diesmal im 5.000-Meter- (20.08.16, 02.30 Uhr) und 10.000-Meter-Finale (13.08.16., 2.25 Uhr)?
Wenn es ernst wird, ist auf ihn Verlass. Kugelstoßer David Storl ist ein echter Wettkampftyp und damit auch ein Anwärter auf den Olympiasieg - der einzige große Titel, der ihm noch fehlt. 2012 in London gewann Storl Silber hinter dem Polen Tomasz Majewski. Allerdings reist Storl, der Weltmeister von 2011 und 2013, mit Verletzungsproblemen an, Topfavorit ist er nicht.
Favorit ist nach den in diesem Jahr gezeigten Leistungen Joe Kovacs. Der US-Boy hat bereits dreimal die 22-Meter-Marke geknackt und hält die Weltjahresbestleistung mit 22,13 Metern. 2015 schnappte er in Peking seinem Kontrahenten Storl den WM-Titel weg. Feiert Kovacs auch bei Olympia? Oder wird der Pole Tomasz Majewski, der Olympiasieger von 2008 und 2012, der lachende Dritte im Kugelstoßfinale (18.08.16, 01.30 Uhr)?
91,28 Meter - so weit warf in diesem Jahr noch kein Leichtathlet den Speer. Thomas Röhler aus Jena hat sich mit einem fulminanten Wurf im finnischen Turku im Juni in eine Mitfavoritenrolle für das Speerwurffinale (20.08.16, 01.55 Uhr) gebracht. Der deutsche Meister ist international allerdings noch ohne Medaille. Bei der WM im vergangenen Jahr landete er auf dem undankbaren vierten Platz.
Topfavorit auf Gold und Röhlers härtester Rivale ist eigentlich der kenianische Weltmeister Julius Yego. Eigentlich, weil er er in diesem Jahr nur eine Bestweite von 84,68 Metern in der Statistik hat. Und weil die Olympiavorbereitung und vor allem die Anreise recht kurios verlief. Sein Nationales Olympisches Komitee hatte ihm einfach kein Ticket gebucht, er reiste auf eigene Kosten los, dann hing er erst einmal in Angola fest. Sein Trainer sollte ursprünglich erst einen Tag vor der Qualifikation anreisen - und schon vor dem Finale wieder fliegen. Kenias Verband - ein steter Quell des Chaos. Lachender Dritte könnte der Ägypter Ihab Abdelrahman sein, WM-Zweiter 2015 und derzeit Zweiter der Jahresbestenliste hinter Röhler.
Er ist der Ausnahmeläufer schlechthin über 800 Meter: David Lekuta Rudisha aus Kenia. Olympiasieger 2012, amtierender Weltmeister, amtierender Weltrekordhalter. Mit seiner Saisonbestleistung von 1:43,35 Minuten liegt er in der Jahresweltbestenliste allerdings nur auf Platz drei.
Der Pole Adam Kszczot ärgerte Rudisha fast schon bei der WM 2015. Nur 26 Hundertstel kam er hinter dem Kenianer als Zweiter an. In diesem Jahr lief er souverän zum Europameistertitel. Im 800-Meter-Finale (15.08.16, 03.25 Uhr) dürfen sich die Leichtathletikfans erneut auf ein packendes Duell zwischen Welt- und Europameister freuen.
Das 1.500-Meter-Finale bei den Männern (020.08.16, 02.00 Uhr) dürfte einmal mehr eine inoffizielle Afrikameisterschaft werden mit dem zentralen Duell Kenia gegen Marokko werden. Bei der WM 2015 trennten den mittlerweile dreifachen Weltmeister Asbel Kiprop (Kenia), den zweitplatzierten Elijah Motonei Manangoi (Kenia) und Bronzegewinner Abdalaati Iguider (Marokko) gerade einmal 27 Hundertstel. Diese drei Läufer stehen auch in der Weltjahresbestliste ganz vorne und werden wohl auch die olympischen Medaillen unter sich ausmachen.
Kenia gegen Kenia heißt das Duell über 3.000 Meter Hindernis (17.08.16, 16.50 Uhr). In der Weltjahresbestenliste liegen ausschließlich Kenianer auf den Plätzen eins bis sieben. Drei von ihnen sind in Rio am Start und werden die Medaillen wohl unter sich ausmachen: Weltmeister Ezekiel Kemboi (Bild), der WM-Zweite Conseslus Kipruto und der WM-Dritte Brimin Kiprop Kipruto.
Über 100 und 200 Meter will die Niederländerin Dafne Schippers die Phalanx der US- und Jamaika-Sprinterinnen durchbrechen. 2015 lief sie in Peking sensationell zum Weltmeistertitel über 200 Meter vor den Jamaikanerinnen Elaine Thompson und Veronica Campbell-Brown - mit einer Zeit, die sie auf Platz drei der ewigen Bestenliste katapultierte. Über 100 Meter gewann sie Silber mit neuem niederländischen Rekord.
Das 100-Meter-Triple (13.08.16, 03.35 Uhr) vor Augen hat Shelly-Ann Fraser-Price, die allerdings in diesem Jahr noch nicht recht in Form war. Über 200 Meter (17.08.16, 03.30 Uhr) zählt sie nicht unbedingt zu den Topfavoritinnen, auch wenn sie vor vier Jahren zur Silbermedaille gelaufen ist. Stark in Form sind dagegen ihre Landsfrauen Veronica Campbell-Brown und Elaine Thompson, die über die 200 Meter Weltmeisterin Schippers ärgern wollen.
Cindy Roleder ist die große deutsche Sprint-Hoffnung (17.08.16, 03.55 Uhr). Die 100-Meter-Hürden-Europameisterin hat vor allem die starken US-Girls zum Gegner. Weltrekordlerin Kendra Harrison ist jedoch nicht dabei. Sie verpasste bei den US Trials die Qualifikation. Das verbliebene US-Trio um Weltmeisterin Brianna Rollins ist zwar immer noch stark, aber durchaus in Schlagdistanz. 12,26 Sekunden sind Rollins Bestzeit, 12,59 stehen bei Roleder ganz vorne in der Bestzeitenliste. London-Siegerin Sally Pearson aus Australien fehlt in Rio genauso wie die amtierende Weltmeisterin Danielle Williams aus Jamaika.
Kenia gegen Äthiopien - dieses Duell kennzeichnet die Langstreckenrennen bei den Frauen über 5.000 Meter (19.08.16, 02.40 Uhr), 10.000 Meter und den Marathon (14.08.16, 14.30 Uhr). Die Teams beider Ländern sind bestens besetzt mit Olympiasiegerinnen und Weltmeisterinnen, in den Jahresbestzeitenlisten belegen die Sportlerinnen beider Nationen die Top-7- (5.000 Meter), Top-4- (10.000 Meter) und Top-6- (Marathon) Plätze. Favoritin über 5.000 Meter ist Weltmeisterin Almaz Ayana aus Äthiopien (Bild), die im Juni in Rom nur um 1,44 Sekunden den acht Jahre alten Weltrekord ihrer Landsfrau Tirunesh Dibaba verpasst hat. Die beiden sammelten über 10.000 Meter in Rio bereits Gold und Bronze, Silber ging an die Kenianerin Vivian Jepkemoi Cheruiyot. Und die hält wiederum die Jahresweltbestzeit über 10.000 Meter.
Weltmeisterin gegen Olympiasiegerin heißt es im Diskusring der Frauen. Denia Caballero, die sich im vergangenen Jahr als erste Kubanerin der Geschichte WM-Gold mit dem Diskus geschnappt hat, will bei ihrer zweiten Olympiateilnahme eine Medaille. In der Jahresbestenliste liegt sie allerdings nur auf Platz zwei hinter der Kroatin Sandra Perković. Die gewann vor vier Jahren Gold in London, bei der WM 2015 war sie hinter Caballero Zweite.
Jessica Ennis-Hill war vor vier Jahren in London ein Gesicht der Spiele. Die Siebenkämpferin stand unter enormem Druck, hielt diesem aber stand und gewann Gold. Nach Verletzungen und Baby-Pause ist sie zurück in der Weltspitze und demonstrierte dies eindrucksvoll mit dem Gewinn des Weltmeistertitels im vergangenen Jahr in Peking.
Brianne Theisen Eaton will eine Wiederholung des Triumphs von Ennis-Hill verhindern. Die Kanadierin geht als Weltjahresbeste in den Wettkampf. Bei der WM im vergangenen Jahr war sie Zweite hinter Ennis Hill. Unklar ist die Form der früheren Weltmeisterin Hanna Kasjanowa aus der Ukraine, die die WM 2015 ausgelassen hatte. Kommt sie an ihre Bestleistung heran, kann sie die beiden Topfavoritinnen beim Siebenkampffinale (800-Meter-Lauf, 13.08.16, 3.53 Uhr) durchaus ärgern.