Dutkiewicz zwischen Klischee und Kampfgeist
Steckbrief
in Kassel
Größe: 170 cm
Gewicht: 63 kg
Verein: TV Wattenscheid 01
Trainer: Slawomir Filipowski
Beruf: Studentin (Grundschullehramt)
Sportliche Eckdaten
12,61 Sek. (2017)
Größte Erfolge
Olympische Spiele:Halbfinale 2016
Weltmeisterschaften:
Bronze 2017
Deutsche Meisterschaften:
Gold 2018
Gold 2017
Hallen-EM:
Bronze 2017
Hallen-DM:
Silber 2018
Gold 2017
Gold 2016
Silber 2015
Gold 2014
U23-DM:
Gold 2012
2017 war ihr Jahr: Pamela Dutkiewicz eilte von Sieg zu Sieg, war die beste Europäerin und krönte die Saison mit Bronze bei der WM in London. Die 26-Jährige ist eine Kämpferin, zeigt aber auch gerne eine andere Seite.
Das Ziel hieß Finalteilnahme. Sie erreichte es - und noch viel mehr. Bei der WM 2017 in London sicherte sich Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz Bronze. Der größte Erfolg ihrer Karriere und ein Paukenschlag, mit dem sich viel geändert hat. Die 26-Jährige ist in den Fokus gerückt, die Aufmerksamkeit gestiegen. Probleme hat sie damit nicht. Im Gegenteil. "Da hat sich wirklich alles um 100 Prozent geändert. Aber so soll es sein. Für mehr Öffentlichkeit kämpfen wir Athleten", sagte sie der Zeitung "Hessische Niedersächsische Allgemeine". Überhaupt kämpfen: "Wenn ich auf der Bahn stehe, dann gebe ich alles. Ich halte mir immer ein Bild vor Augen, das ist eine Löwin. Sprint ist auch aus der Ruhe die maximale Explosion", schilderte sie.
Doch die Hürdensprinterin zeigt auch gerne eine andere Seite: "Ich denke, ich bin ein Klischeemädchen. Ich mache mich gerne hübsch, schminke mich, mache mir die Haare, habe Spaß daran, mir meine Nägel zu lackieren", so die Wattenscheiderin: "Einige sagen liebevoll 'Tussi' zu mir, und das ist auch okay. Ich bin beides: Vollblut-Sportlerin und Tussi, und das eine schließt das andere nicht aus."
Dutkiewicz' Eltern, beide gebürtige Polen, waren ebenfalls gute Sportler. Die Mutter der Hürdensprinterin war mehrfache polnische Meisterin über 800 m mit einer Bestzeit von 2:02,39 Minuten, ihr Vater war Fußballer und spielte in der U21-Auswahl seines Landes. Die 26-Jährige begann ihre sportliche Laufbahn bei der LG Baunatal/Fuldabrück, mit 16 wechselte sie nach Wattenscheid und zog ins Internat. "Das war der beste Schritt meines Lebens. Ich war bis dahin noch ein ziemliches Mama-Kind, aber der Umzug ins Internat hat mir geholfen, selbstständiger zu werden", sagte sie dem "Leichtathletik"-Magazin.
Starkes Comeback nach Zwangspause
In den vergangenen Jahren wurde Dutkiewicz immer wieder von Verletzungen ausgebremst, so auch 2015, als die Freiluftsaison wegen eines Bänderrisses an beiden Füßen komplett ausfiel. Gewichtsprobleme kamen hinzu, die sie dank einer konsequenten Ernährungsumstellung aber in den Griff bekommen hat. "Das hat viele Probleme gelöst. Ich bin viel selbstbewusster geworden und das strahlt auf meine Leistung ab", sagte Dutkiewicz. Die angehende Grundschullehrerin feierte ein starkes Comeback, steigerte sich Anfang Juni 2016 in Regensburg um eine Hundertstel auf 12,85 Sekunden - Olympia-Norm!
Stürze und Halbfinale in Rio
2016 sollte dennoch nicht ihr Jahr werden. Bei den deutschen Meisterschaften in Kassel hatte Dutkiewicz mit einem Sturz im Vorlauf Pech. Bei der EM in Amsterdam wollte sie es besser machen und ins Finale sprinten. Das gelang ihr zwar, dort war allerdings an der ersten Hürde Schluss. Dutkiewicz stürzte erneut und konnte das Rennen nicht beenden. Bei den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro klappte es besser: In 12,92 Sekunden kam sie ins Halbfinale.
Riesenkonstanz im WM-Jahr
2017 hob Dutkiewicz ihre Leistungen auf ein neues Level und avancierte zu einem der Aushängeschilder der deutschen Leichtathletik. Nach starken Leistungen im Winter mit dem DM-Titelgewinn und Bronze bei der Hallen-EM startete sie ausgezeichnet auch in die Freiluftsaison. Ende Mai verbesserte sie ihre persönliche Bestleistung beim Meeting in Weinheim auf 12,61 Sekunden. Ihre Premiere in der Diamond League in Oslo gewann sie im Juni trotz starker Konkurrenz. Dem Einzelsieg bei der Team-EM im französischen Lille folgte Anfang Juli in Erfurt der erste DM-Titelgewinn im Freien. Bis zur WM war sie in Finals ungeschlagen, zeigte konstant Leistungen auf allerhöchstem Niveau und krönte schließlich mit dem Coup von London in 12,72 Sekunden ihr Traumjahr 2017, in dem sie die schnellste Europäerin war.
Heim-EM "eine riesige Chance"
Interview
In diesem Jahr hatte die WM-Dritte im Vorfeld der EM mit Rückenproblemen und einer Verletzung zu kämpfen, zog sich Mitte Mai während eines Trainingslagers auf Teneriffa eine Oberschenkel-Verletzung zu. Erst rund sechs Wochen vor den Heimtitelkämpfen in Berlin stieg sie in die Saison ein - und blieb mit 12,89 Sekunden in Mannheim auf Anhieb klar unter der EM-Norm (13,10). "Mir fällt ein Stein vom Herzen", so Dutkiewicz, der nach dem guten Auftakt Anfang Juli in Luzern der zweitschnellste Lauf ihrer Karriere gelang (12,67). Bei der DM siegte sie in 12,69 Sekunden - Meisterschaftsrekord! Nun will sie auch in Berlin überzeugen. "Es ist eine riesige Chance, so ein Ereignis im eigenen Land zu haben, in diesem tollen Olympiastadion. Jeder Leichtathlet möchte da in Topform auflaufen", sagte sie dem "Leichtathletik"-Magazin.
Stand: 31.07.18 18:30 Uhr