Louganis und der Brettklatscher von Seoul
Der dumpfe Knall des Aufschlags erschütterte die Zuschauer in der Schwimmhalle von Seoul bis ins Mark. Schockiert stießen sie einen Schrei aus, entsetzt hielten sie ihre Hände vor das Gesicht. Acht nahezu perfekte Sprünge hatte Greg Louganis an diesem September-Montag 1988 in der Qualifikation vom Drei-Meter-Brett gezeigt. Doch der neunte Sprung, ein zweieinhalbfacher Rückwärtssalto, wäre dem erfolgreichsten und anmutigsten Wasserspringer der Geschichte beinahe zum Verhängnis geworden.
"Ich war so schockiert"
Die Distanz zum Brett stimmte nicht. Als Louganis seinen Körper zum Eintauchen streckte, prallte sein Hinterkopf ans Brett. Leicht benommen entstieg der 28 Jahre alte Modellathlet dem Becken, erst fünf Stiche stoppten die Blutung an seinem Kopf. "Es war ein Schock, aber ich glaube, mein Stolz war mehr verletzt als mein Kopf", sagte Louganis. Dennoch trieb ihn eine weitere Sorge um: Er hatte Wochen vor den Wettkämpfen erfahren, dass er sich mit dem HI-Virus infiziert hatte. Was, wenn sein Blut im Wasser ansteckend wäre? Allen Nöten zum Trotz verschwieg er dem Arzt, der ihn ohne Handschuhe an seiner offenen Wunde behandelte, diesen Befund. "Ich war so schockiert. Ich dachte, welche Verantwortung habe ich. Was soll ich machen?", sagte Louganis. Als später ein HIV-Test des Mediziners negativ ausfiel, waren alle Protagonisten beruhigt.
Zwei Doppel-Olympiasiege in Folge
"Mr. Perfect": Greg Louganis.
Aufgeben aber, das gab es für "Mr. Perfect", wie ihn einst die englische Zeitung "The Guardian" titulierte, nicht. Sicher qualifizierte sich der Adoptivsohn einer griechischstämmigen Familie trotz des Missgeschicks für das Finale und wiederholte dort am Folgetag seinen goldenen Triumph von Los Angeles. Als er auch noch den Titel vom Zehn-Meter-Turm erfolgreich verteidigte, schrieb er endgültig Geschichte. Der doppelte Olympiasieg bei zwei aufeinanderfolgenden Sommerspielen war nie zuvor einem Wasserspringer gelungen.
Stand: 17.07.12 10:30 Uhr