Der deutsche Siebenkämpfer Arthur Abele © imago/Sebastian Wells Foto: imago/Sebastian Wells

Leichtathletik

Zehnkampf: Arthur Abeles Matchplan zur Medaille

von Bettina Lenner, Sportschau.de

Zehnkämpfer Arthur Abele warfen Verletzungen immer wieder zurück. Doch im Juni hat sich der 30-Jährige mit seinem Sieg und seinen 8.605 Punkten in Ratingen eindrucksvoll zurückgemeldet. In Rio ist die Nummer zwei der Weltrangliste nun heißer Anwärter auf Edelmetall. Sportschau.de verriet der Ulmer seinen Matchplan zur Medaille.

2008 in Peking nach der vierten Disziplin verletzungsbedingt aus dem Rennen, in London vor vier Jahren wegen eines Ermüdungsbruchs gar nicht erst dabei - mit Olympischen Spielen hat Arthur Abele noch eine Rechnung offen. Nach einem Achillessehnenriss im vergangenen Jahr ist der Ulmer in der Olympia-Saison in der Form seines Lebens, siegte in Ratingen mit persönlicher Bestleitung zum zweiten Mal nach 2007. Auch in Rio will er im olympischen Zehnkampf ab Mittwoch (14.30 Uhr) seinen Hausrekord angreifen - und Edelmetall gewinnen. "Ich stelle mir jeden Tag vor, wie ich mir eine Medaille um den Hals hänge. Wenn's dann wirklich blinkt, wäre das schon extrem geil. Aber da haben noch andere ein Wörtchen mitzureden", sagte der 30-Jährige.

"So eine schöne Halskette wäre perfekt"

Gold scheint für London-Sieger Ashton Eaton (USA) reserviert zu sein, und auch der Kanadier Damian Warner ist stark. Dennoch möchte der frischgebackene Vater ("Mein Kleiner ist für mich eine Riesenmotivation") vorne mitmischen: "Bei Olympia kann viel passieren. Ich mache mir keinen Druck. Aber ich werde alles daransetzen, meine persönliche Bestleistung hochzuschrauben und einen perfekten Zehnkampf hinzulegen. Und so eine schöne Halskette wäre natürlich perfekt."

Abeles Fahrplan im Überblick:

100 m:

Arthur Abele (l.) Kai Kazmirek (2.v.r.) und Rico Freimuth (r.) © dpa-bildfunk Foto: Rainer Jensen

Das deutsche Zehnkampftrio: Arthur Abele (l.), Kai Kazmirek (2.v.r.) und Rico Freimuth (r.)

"Ein guter Start ist wichtig. Das sollte ich ganz gut hinkriegen. Dann werde ich versuchen, den Oberkörper lange unten zu lassen, um eine lange Beschleunigungsphase zu haben. Ab 35, 40 m werde ich in die aufrechte Sprintposition kommen und so lange wie möglich die Geschwindigkeit hinten raus halten. Ich will gucken, dass es in Richtung Bestleistung geht. Wenn du gut in den Wettkampf reinkommst, hast du schon ein bisschen Rückenwind. Dann weißt du, okay, die anderen Disziplinen funktionieren definitiv, weil bei uns Mehrkämpfern ja alles über die Schnellkraft läuft. Wenn man da eine erste sehr gute Zeit stehen hat, ist man im Flow und hat für die nächste Disziplin schon einmal ein sehr gutes Gefühl."
Pers. Bestleistung: 10,67 Sekunden (2014, Zürich)
Leistung in Rio: 10,87 Sekunden

Weitsprung:

"Das ist bei mir eine coole Bank. Mittlerweile bin ich sehr sicher geworden, da verspreche ich mir viel. Ich habe einen sehr sicheren Anlauf, da werde ich definitiv in Richtung Bestleistung angreifen. Das ist das oberste Ziel, vielleicht kann ich sogar mal über die 60 springen."
Pers. Bestleistung: 7,57 Meter (2016, Götzis)
Leistung in Rio: 6,97 Meter

Kugelstoßen:

"Da kann ich im Vergleich zu Ratingen nochmal deutlich was draufpacken. Im Training habe ich sehr gut gestoßen, da sollte es auf jeden Fall Ende 15, wenn nicht sogar in den 16er-Bereich gehen. Wenn ich in Rio eine Punktlandung schaffe mit einer 16, dann habe ich in den ersten drei Disziplinen richtig einen rausgepackt. Dann hat man schon kleine Flügel."
Pers. Bestleistung: 15,79 Meter (2016, Ratingen)
Leistung in Rio: 15,03 Meter

Hochsprung:

"Das ist so ein bisschen meine Problemdisziplin. Letztes Jahr ist mir beim Hochsprung die Achillessehne gerissen, das habe ich immer noch in Erinnerung. Da bin ich einfach noch technisch zu unreif. Alles andere, 100 m, Weitsprung und Kugel, da bin ich perfekt und weiß, was ich machen muss. Beim Hochsprung fehlt ein wenig die Sicherheit im ganzen System. Das muss ich mein Gefühl entwickeln. Wenn das stimmt, dann kann ich auch hoch springen. Aber wenn ich das nicht habe, dann kann das auch echt in die Hose gehen. Aber ich will wieder 1,98 springen wie in Ratingen, dann wäre ich sehr happy. Ich hoffe darauf, dass die ersten drei sehr gut sind und dann der Hochsprung sowieso funktioniert."
Pers. Bestleistung: 2,04 m (2007, Ratingen)
Leistung in Rio: 1,98 m

400 m:

"Ich werde wahrscheinlich nicht in den Bestleistungsbereich laufen, aber eine 48er-Zeit werde ich definitiv anstreben. Ich will relativ zügig anlaufen, bei mir ist Standard 22,04, 22,05 auf den ersten 200 m. Auf den letzten 100 m wird so oder so gebissen. Da ist man am Anschlag. Aber eine 48 Mitte oder 48 hoch traue ich mir zu."
Pers. Bestleistung: 47,98 Sek.(2008, Ratingen)
Leistung in Rio: 49,02 Sek. (Saisonbestleistung)

Fazit erster Tag:

Wenn es so läuft, dann bin ich im Bereich von 4.300 bis 4.400 Punkten. Das ist dann schon sehr gut.
Punkte nach Tag eins: 4.134 Punkte
Platzierung nach Tag eins: Rang 16

Start in den zweiten Tag:

Man ist meist nach dem ersten Tag so aufgewühlt, dass nicht viel Schlaf zustande kommt. Das ist aber nicht schlimm, weil man im Vorfeld viel geschlafen hat. Man muss zwei, drei Wochen vorher sehr konsequent sein, dann macht das an dem Tag selber nichts aus. Vier Stunden vor Beginn des zweiten Wettkampftages stehe ich dann auf, dehne ein bisschen und nehme wie schon am Vortag eine eiskalte Dusche, dann bist du hellwach. Beim Frühstück gibt's ein Semmel, eine Hälfte mit Wurst und Käse und die andere mit Marmelade oder Nutella, ein Müsli, dann fährt das System wieder hoch."

110 m Hürden:

"Das ist eine extrem starke Disziplin von mir, da bin ich eigentlich sehr sicher. Da will ich natürlich gleich zum Auftakt des zweiten Tages wieder punkten. Mit den Hürden mache ich mit über 1.000 die meisten Punkte. Wenn die Beine frisch sind, kann man sehr viel erwarten. Ich denke, dass ich mit Warner und Eaton auf Augenhöhe mitrennen kann."
Pers. Bestleistung: 13,55 Sek. (2014, Zürich)
Leistung in Rio: 14,12 Sek.

Diskuswurf:

"Das ist mittlerweile auch eine recht solide, fast starke Disziplin. Die Trainingsleistungen waren auch sehr vielversprechend. Wenn ich bestätigen kann, was ich aus Ratingen stehen habe, dann bin ich extrem happy damit."
Pers. Bestleistung: 46,20 m (2016, Ratingen)
Leistung in Rio: 44,60 m

Stabhochsprung:

"4,90 m in Ratingen, da ist mir ein bisschen der Saft ausgegangen, weil ich im Vorfeld etwas zu wenig gegessen hatte. Den Fehler werde ich nicht wieder machen. Das ist die intensivste Disziplin am zweiten Tag, da wird man viele Körner lassen. 4,90 m will ich definitiv springen, 5 m wären optimal. Das ist mein Ziel, damit wäre ich extrem stark und weit vorne im Feld mit drin."
Pers. Bestleistung: 5,01 m (2014, Marburg)
Leistung in Rio: 4,50 m

Speerwurf:

Der Zehnkämpfer Arthur Abele © picture alliance / Gladys Chai von der Laage

Eine starke Leistung zeigte Arthur Abele in Ratingen auch im Speerwurf.

"Das ist auch eine Paradedisziplin mittlerweile, da bin ich extrem stark und stabil geworden seit Ratingen. Die 71,89 m von dort würde ich gerne in Rio bestätigen. Das wäre grandios, wenn man da nochmal so eine Fackel raushaut. Alles, wo eine 7 davorsteht, ist überragend. Da muss ich einfach nochmal ein bisschen den Kopf einschalten und nicht überdrehen, sondern kontrolliert werfen und hintenraus dann richtig draufhauen. Dann kann ich auch die 70 wieder werfen - und dann bin ich nicht weit weg von einer Medaille."
Pers. Bestleistung: 71,89 m (2016, Ratingen)
Leistung in Rio: 64,13 m

1.500 m:

"Auch eine sehr starke Disziplin von mir. Dieses Jahr eine 4:24, aber in Ratingen bin ich sehr schnell angegangen. Da haben hinten ein bisschen die Körner gefehlt. In Rio picke ich mir zwei, drei Leute raus, die auch im 4:18er-Bereich oder schneller laufen können, da werde ich mich dranhängen. Man läuft entspannter, wenn man sich hinter jemandem festbeißen kann. Ich will auf jeden Fall unter 4:20 laufen. Wenn mir das gelingt, dann haben wir einen richtig krass starken Zehnkampf."
Pers. Bestleistung: 4:15,35 Min. (2008, Ratingen)
Leistung in Rio: 4:53,07 Min.

Bilanz:

"Das wäre der ideale Zehnkampf, und dann sollte eigentlich auch eine Medaille rausspringen. Wenn's nicht der Fall sein sollte - na gut, dann habe ich einen grandiosen Zehnkampf hingelegt und bin eben nur auf Platz vier, fünf oder sechs. Aber wenn beide Tage so top laufen, man getragen wird von seiner Euphorie, dem Adrenalin und der Stimmung und alles ineinander greift wie ein Zahnrad, dann kann es extrem gut mit deutlich mehr Punkten als in Ratingen werden. Das wäre persönliche Bestleistung mit über 8.605 Punkten."
Pers. Bestleistung: 8.605 Punkte (2016, Ratingen)
Leistung in Rio: 8.013 Punkte
Platzierung in Rio: 15. Platz

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 21.08.2016, 07.00 Uhr

Stand: 19.08.16 02:03 Uhr