
US-Team
Überfall erfunden: US-Schwimmer reisen heim
Vier US-Schwimmer haben in Rio eine Lügengeschichte über einen vermeintlichen Raubüberfall verbreitet. Entsprechende Ermittlungsergebnisse der Polizei hat das US-Olympiakomitee bestätigt. Trotzdem darf nun auch der Letzte des Quartetts Brasilien verlassen - gegen die Zahlung einer Geldstrafe.
Die US-Schwimmer um Olympiasieger Ryan Lochte und Gunnar Bentz haben der Polizei und der ganzen Welt eine Räuberpistole erzählt. "Es gab keinen Raubüberfall", sagte Rios Polizeichef Fernando Veloso am Donnerstag (18.08.16) auf einer Pressekonferenz in Rio. "Sie wurden nicht die Opfer des von ihnen behaupteten Verbrechens." Am späten Abend Ortszeit folgte dann in einer Stellungnahme des US-Olympiakomitees (USOC) im Wesentlichen die Bestätigung. Zweifel an der ursprünglichen Version der Schwimmer waren aufgekommen, nachdem zwei Videos aufgetaucht waren. Auch Zeugenaussagen ließen die Schilderungen der Olympioniken immer zweifelhafter erscheinen.
Lochte, Betz, Jack Conger und James Feigen hatten behauptet, am frühen Sonntagmorgen (14.08.16) mit vorgehaltener Waffe überfallen worden zu sein. Veloso erklärte dagegen, dass die US-Schwimmer an einer Tankstelle in der Nähe des olympischen Dorfes "Vandalismus-Handlungen" begangen hätten. Daraufhin kam es offenbar zu einer Auseinandersetzung mit zwei bewaffneten Wachmännern. Die US-Amerikaner hätten 100 Real (ca. 27 Euro) und 20 Dollar (ca. 18 Euro) für den Schaden bezahlt, sagte Veloso. Sie hätten deshalb vor dem Eintreffen der Polizei gehen dürfen.
Das Internationale Olympische Komitee hat eine Disziplinarkommission gebildet, um das Verhalten der vier US-Schwimmer zu untersuchen. Das teilte IOC-Sprecher Mark Adams am Freitag der Nachrichtenagentur AP mit, ohne weitere Details zu nennen.
Entschuldigungen von Lochte und USOC
Das USOC entschuldigte sich bei der Gastgeberstadt Rio "und den Menschen in Brasilien" für das Verhalten seiner Athleten. Das Verhalten der Schwimmer sei "weder akzeptabel, noch repräsentiere es die Werte des Team USA", hieß es in einer Mitteilung. Auch Lochte entschuldigte sich, blieb aber im Kern bei seiner Aussage, dass er überfallen worden sei. "Ich möchte mich für mein Verhalten am vergangenen Wochenende entschuldigen, dafür, dass ich nicht sorgfältiger und aufrichtiger war, als ich die Dinge, die an dem Morgen passiert sind, beschrieben habe", hieß es in einer Mitteilung des sechsmaligen Olympiasiegers am Freitag.
Feigen zahlt Geldstrafe
Nachdem Feigen ein "überarbeitetes" Protokoll seiner bisherigen Angaben zu den Ereignissen vorgelegt hatte, darf er gegen die Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 10.800 Dollar das Land verlassen. Das teilte Feigens Anwalt am Freitag mit, das Geld werde der Athlet an eine nicht näher benannte "Einrichtung" zahlen. Zuvor war ihm sein Ausweis im Zuge der Ermittlungen von den brasilianischen Behörden abgenommen worden.
Bentz und Conger hatten nach Aussagen bei der Polizei bereits am Donnerstag ihre Pässe erhalten und waren in die USA zurückgekehrt. Sie seien lediglich als Zeugen vernommen worden und hätten nichts mit der von Lochte erzählten Geschichte zu tun, betonte ihr Anwalt. Lochte hatte Brasilien bereits vor dem Bekanntwerden der Ermittlungsergebnisse verlassen.
Während Rio-Sprecher Mario Andrada Verständnis für die "Burschen" und deren Party-Nacht äußerte, drohte Veloso den Schwimmern wegen Vortäuschung einer Straftat nach Paragraf 340 des brasilianischen Strafgesetzbuchs mit einer Anklage. Dafür drohen sechs Monate Haft oder eine Geldbuße. Die brasilianische Polizei hofft auf Mithilfe des FBI, um weitere Informationen von Lochte zu bekommen. Der US-Schwimmverband denke über Strafen für die Beteiligten nach, sagte Generaldirektor Chuck Wielgus. Conger und Bentz hatten mit Lochte Gold über 4x200 Meter Freistil gewonnen, Feigen ist Olympiasieger über 4x100 Meter Freistil.
Das ist passiert - die Chronik eines vermeintlichen Überfalls
Stand: 19.08.16 16:59 Uhr