David Storl: Lehren aus der Krise
Steckbrief
in Rochlitz
Größe: 198 cm
Gewicht: 125 kg
Verein: SC DHfK Leipzig
Trainer: Wilko Schaa
Beruf: Polizeimeister
Sportliche Eckdaten
22,20 m (2015)
Größte Erfolge
Olympische Spiele:Silber 2012
Weltmeisterschaften:
Silber 2015
Gold 2013
Gold 2011
Europameisterschaften:
Bronze 2018
Gold 2016
Gold 2014
Gold 2012
Deutsche Meisterschaften:
Gold 2018
Gold 2017
Gold 2016
Gold 2015
Gold 2014
Gold 2013
Gold 2012
Gold 2011
Hallen-WM:
Silber 2018
Silber 2014
Silber 2012
Mit neuem Coach hat David Storl die Formkrise der vergangenen Jahre überwunden. In Berlin peilt der zweimalige Kugelstoß-Weltmeister seinen vierten EM-Titel in Folge an.
David Storl beherrschte schon im Jugendbereich die Konkurrenz. 2009 produzierte er einen Weltrekord nach dem anderen und Leistungen, die kein Jugendlicher je vor ihm geschafft hat. U18-Weltmeister 2007, U20-Weltmeister 2008, U20-Europameister 2009, U23-Europameister 2011 - an Storl führte kein Weg vorbei. Sein Weg in die Weltspitze der Männer war vorgezeichnet.
Jüngster Kugelstoß-Weltmeister aller Zeiten
Bei seiner EM-Premiere in Barcelona im Sommer 2010 kam der Kugelstoßer mit den Gardemaßen mit guten 20,57 m auf Rang fünf, im Jahr darauf setzte er seinen kometenhaften Aufstieg im Erwachsenenbereich fort und avancierte bei der WM in Daegu zum jüngsten Kugelstoß-Weltmeister aller Zeiten. In der Qualifikation stieß der Youngster die Kugel auf 21,50 m - eine Verbesserung der persönlichen Bestleistung um fast einen halben Meter und U23-Europarekord. Im Finale steigerte er sich mit 21,78 m erneut - Gold!
Jede Menge Medaillen
Seither hat der ruhige Sachse Medaille um Medaille gesammelt, wurde dreimal Europameister, holte 2012 bei den Olympischen Spielen in London mit starken 21,86 m Silber hinter dem Polen Tomasz Majewski und verteidigte seinen Titel bei der WM 2013 in Moskau erfolgreich. Dort hatten die Kampfrichter seinen vierten, siegbringenden Versuch zunächst ungültig gegeben. Doch Storl erbrachte mit Hilfe eines Fotografen den Beweis, dass er die Ringkante nicht betreten hatte. So gingen 21,73 m in die Wertung ein - und der Leipziger wiederholte seinen Gold-Coup.
Der Traum von 22 m wird wahr
2015 erfüllte sich ein weiterer Herzenswunsch des Polizeimeisters, der nach einer Knieoperation im vorangegangenen September wieder in Top-Form war. Beim Diamond-League-Meeting in Lausanne stieß er die Kugel auf 22,20 m und damit in neue Dimensionen vor. Weltweit hatten im Freien nur 15 Athleten weiter gestoßen. Vor Storl hatten in Deutschland nur Ulf Timmermann (23,06 m, 1988) und Udo Beyer (22,64, 1986) die 22-m-Grenze übertroffen. Leistungen, die aus der Zeit des DDR-Staatsdopings stammen. Beyer, Olympiasieger von 1976, traute Storl seinerzeit auch die 23 m zu - "wenn er die Angst vor Schmerzen im linke Knie überwindet".
Immer wieder das Knie
Ausgestanden waren die Probleme an der Patellasehne allerdings nicht. "Der Zustand der Sehne ist wesentlich schlechter als vor der Operation", sagte Storl Mitte 2015: "Ich kriege regelmäßig Spritzen, das ist nicht schön." Damit riskiere er auf Dauer seine Gesundheit. Der Arzt habe ihm zu einer erneuten Operation geraten. "Dann könnte ich aber bei den Olympischen Spielen nicht starten." Bei der WM in Peking wurde er mit 21,74 m Zweiter hinter Joe Kovacs (21,93) und verpasste sein Ziel, dreimal hintereinander Kugelstoß-Weltmeister zu werden.
David Storl gefrustet in Rio.
Der große Traum blieb Olympia 2016. Storl absolvierte angesichts seiner Knieprobleme acht Monate keinen Wettkampf und im Training hauptsächlich Standstöße. Bei der EM in Amsterdam im Vorfeld von Rio sicherte er sich mit 21,31 m seinen dritten EM-Titel in Folge, wurde dann aber bei den Sommerspielen mit indiskutablen 20,64 m nur Siebter. Erstmals seit seinem WM-Coup 2011 holte er kein Edelmetall auf der großen internationalen Bühne.
Mit neuem Trainer aus dem Tief
Von dem Schock erholte sich der Polizeimeister nur schwer. Die Saison zum Vergessen spukte weiter in seinem Kopf umher. Der Knacks bei Olympia, Rückschläge und Negativerlebnisse wirkten nach. Seine Unbefangenheit war dahin, die Lust am Kugelstoßen vergangen. Der zweimalige Weltmeister reagierte und engagierte auf dem Weg aus der Krise zunächst in Matthias Große, dem Lebenspartner von Eisschnellläuferin Claudia Pechstein, einen mentalen Berater - wenn auch ohne entsprechende Ausbildung. Nach dem verpatzten WM-Finale von London mit Platz zehn trennte er sich zudem von seinem langjährigen Trainer Sven Lang. Der Familienvater wird seither von Wilko Schaa betreut, der zuletzt am Institut für Angewandte Trainingswissenschaft in Leipzig tätig war.
Silber bei der Hallen-WM
Bei der diesjährigen Hallen-WM in Birmingham zahlte sich die Arbeit mit dem neuen Coach aus, Storl meldete sich als Zweiter mit 21,44 m zurück in der Weltspitze. "Für mich war es erstmal wichtig, die Lockerheit und die Zuversicht wiederzufinden, dass alles in die richtigen Wege kommt", sagte der Ausnahmeathlet, der seine lang anhaltenden Knieschmerzen endlich überwunden hatte. Beim Angleiten stellte er wieder auf die Umsprungtechnik um, auch wenn es das Knie stärker belastet. "Ich glaube, dass Storl die alte Stärke wieder erreichen kann, vielleicht sogar noch darüber hinaus", sagte Schaa über seinen Schützling, der in Birmingham seine fünf gültigen Versuche allesamt über die 21-m-Marke stieß.
Olympia-Gold in Tokio im Blick
Läuft wieder: David Storl bei der DM in Nürnberg.
In der Vorbereitung auf die Heim-EM legte das Duo den Schwerpunkt auf schnelligkeitsorientiertes Training. "Das ist der richtige Weg, um wieder in Richtung meiner Bestleistung von 22,20 m zu stoßen", sagte Storl, der im Ring ohnehin von seiner Schnelligkeit profitiert. 21,62 m hat der 28-Jährige in dieser Saison schon erreicht, bei den deutschen Meisterschaften sicherte er sich mit 21,26 m unangefochten seinen achten deutschen Meistertitel in Folge. Bei der EM dürfte nun im Kampf um den Titel vor allem der Pole Michal Haratyk sein schärfster Konkurrent sein. "Es wird ein richtig spannender Wettkampf", so Storl, dessen Fernziel Olympia-Gold 2020 in Tokio ist.
Stand: 08.08.18 13:35 Uhr