Der deutsche Läufer Homiyu Tesfaye im Rennen über 1500 m

Homiyu Tesfaye

Sportart: Leichtathletik
Disziplin: 1500 m
Land: Deutschland Flagge Deutschland

Steckbrief

geb. am: 23.06.1993
in Debre Zeyit (Äthiopien)
Größe: 182 cm
Gewicht: 64 kg
Verein: LG Eintracht Frankfurt
Trainer: Wolfgang Heinig

Sportliche Eckdaten

Persönliche Bestleistung:
3:31,98 Min. (2014)
Größte Erfolge
Olympische Spiele:
15. Platz 2016

Weltmeisterschaften:
5. Platz 2013 (1.500 m)
15. Platz 2017 (1.500 m)

Europameisterschaften:
13. Platz 2018 (1.500 m)
10. Platz 2016 (1.500 m)
5. Platz 2014 (1.500 m)

Deutsche Meisterschaften:
Bronze 2018 (1.500 m)
Silber 2017 (1.500 m)
Silber 2016 (1.500 m)
Silber 2014 (1.500 m)
Gold 2013 (10.000 m)

U23-DM:
Gold 2013 (1.500 m)
Gold 2012 (1.500 m, Halbmarathon)

U20-DM:
Gold 2012 (1.500 m, 3.000 m, 5.000 m)


Homiyu Tesfaye kam 2010 aus Äthiopien nach Deutschland und bat um politisches Asyl. Er lebte in einem Wohnheim in Frankfurt am Main, schloss sich der LG Eintracht Frankfurt an und lief bei seinem ersten Rennen in Deutschland eine für sein junges Alter herausragende 1.500-m-Zeit bei der Mannheimer Junioren-Gala 2011.

Im Zentrum einer erbitterten Kontroverse

Ein erster Antrag auf seine Einbürgerung scheiterte 2012 noch, doch schon nach drei Jahren erhielt er im Juli 2013 einen deutschen Pass. Der DLV hatte einen Antrag auf ein beschleunigtes Verfahren gestellt. Das Ergebnis schmeckte nicht jedem, die Geschichte schlug große Wellen. Der Mittelstreckler sah sich plötzlich im Zentrum einer erbitterten Kontroverse; ihm wurde sogar vorgeworfen, nicht der zu sein, für den er sich ausgibt.

So kursierte in Internetforen und Gesprächen unter Athleten die Geschichte, dass er in Wahrheit der drei Jahre ältere äthiopische Läufer Henok Tesfaye Hey sei und deshalb nie einen deutschen Pass hätte bekommen dürfen. Ein ehemaliger Trainer zeigte ihn gar beim Jugendamt an. Ursprung all dessen: die auf Fotos im Internet erkennbare Ähnlichkeit zwischen Homiyu Tesfaye und Henok Tesfaye Hey. Am Ende fand Tesfaye mit der Hilfe seines Coaches Wolfgang Heinig eine Taufbescheinigung in seiner ehemaligen Kirchengemeinde.

Bester Europäer bei der WM 2013

Der Läufer Homiyu Tesfaye © picture alliance / Laci Perenyi

Will Geschichte schreiben: Homiyu Tesfaye.

Tesfaye selbst hielt sich in der Öffentlichkeit stets zurück. "Über meine Vergangenheit will ich nicht reden", sagte er lediglich. Die Diskussion um seine Person belastete ihn indes anscheinend kaum. Bei der WM 2013 in Moskau lief er als erster Deutscher in einem WM-Finale seit Rüdiger Stenzel 1997 sensationell auf den fünften Platz und war damit bester Europäer. 2014 steigerte er sich in Doha auf 3:31,98 Minuten und rückte in der ewigen DLV-Bestenliste auf Rang drei vor. Der mehr als 30 Jahre alte deutsche Rekord von Thomas Wessinghage (3:31,58) ist nur vier Zehntel entfernt. "Ich will Geschichte schreiben", sagte er.

Keine Medaille bei großen Meisterschaften

Das gelang bislang allerdings nicht, internationales Edelmetall sprang noch nicht heraus. Und auch auf nationaler Ebene war oftmals kein Vorbeikommen an Timo Benitz für Tesfaye, der daraus 2016 seine ganz eigenen Schlüsse zog: Unter dem mittlerweile pensionierten Bundestrainer Heinig sei die Leistung gut gewesen, aber er habe keine Medaille bei den Meisterschaften gewonnen, weil die Konkurrenz im Training in Frankfurt fehle. Er wolle nun alles selbst entscheiden und seinen "eigenen Weg gehen". Laut Heinig soll Tesfaye dagegen Trainingslager geschwänzt haben oder auch ohne Abmeldung in ein äthiopisches Trainingscamp geflogen sein. Tesfaye sei "nicht steuerbar".

Die Langstrecken zusehends im Blick

Der DLV strich den fraglos talentierten, aber eigenwilligen Lauf-Solisten aus dem Kader und jeglicher Förderung. Unterstützung erhielt der Mittelstreckler nur noch über seinen Verein und einen Sponsor sowie seine heutige Ehefrau Maryam Yusuf Jamal, einer ehemaligen Weltklasseläuferin, mit der er eine kleine Tochter hat. Inzwischen ist Tesfaye zumindest punktuell unter Heinigs Fittiche zurückgekehrt. Bei der WM in London war im vergangenen Jahr dennoch im Halbfinale Schluss.

Mittlerweile orientiert sich der 25-Jährige zusehends in Richtung Langstrecken. Sein Talent dafür hat er bereits in den vergangenen Jahren gezeigt. Wie 2015, als er in Paderborn die 10 Kilometer sensationell in 27:54 Minuten lief. Damit avancierte er auf Anhieb zum drittschnellsten deutschen Läufer aller Zeiten über diese Strecke und verpasste den deutschen Rekord von Carsten Eich nur um sieben Sekunden. Im Halbmarathon war er im März im niederländischen Den Haag in 61:20 Minuten so schnell wie seit über 20 Jahren kein Deutscher mehr. "Ich will auf möglichst vielen Strecken Rekorde brechen. Als 1.500-Meter-Läufer im Halbmarathon 61 Minuten zu laufen, das ist schon außergewöhnlich", sagte er "leichtathletik.de".

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 21.08.2016, 07.00 Uhr

Stand: 23.07.18 09:58 Uhr