Andreas Bretschneider

Andreas Bretschneider - Nur Fliegen ist schöner

Sportart: Kunstturnen
Disziplinen: Mehrkampf Einzel , Mehrkampf Mannschaft
Land: Deutschland Flagge Deutschland

Steckbrief

geb. am: 04.08.1989
in Berlin
Größe: 167 cm
Gewicht: 60 kg
Verein: KTV Chemnitz
Trainer: Sven Kwiatkowski
Beruf: Sportsoldat

Sportliche Eckdaten

Größte Erfolge
Olympische Spiele:
7. Platz 2016 (Mannschaft)

Weltmeisterschaften:
5. Platz 2015 (Reck)
9. Platz 2015 (Mannschaft)
8. Platz 2014 (Mannschaft)
6. Platz 2013 (Reck)

Europameisterschaften:
4. Platz 2018 (Mannschaft)
4. Platz 2014 (Mannschaft)


Ein Bretschneider kommt selten allein. So ist es zumindest im Kunstturnen, seit Andreas Bretschneider im November 2014 ein schier unglaubliches Kunststück an der Reckstange gelang. Der damals 27-Jährige aus Chemnitz zeigte beim Pokal des Deutschen Turner-Bundes (DTB) in Stuttgart zum ersten Mal im Wettkampf einen Doppelsalto mit zweifacher Schraube, der die Zuschauer erst sprachlos machte und schließlich so euphorisierte, dass die Halle zu kochen begann. Nur Fliegen ist schöner.

Weltneuheit überfordert den Turnverband

"Jeder will gerne fliegen, und an dieser Stelle gelingt es auch", sagt Bretschneider. "Das Gefühl ist atemraubend." Als würde er die physikalischen Gesetze für einen Moment außer Kraft setzen, fliegt Bretschneider über die Reckstange und macht dabei nicht nur einen doppelten Salto rückwärts, sondern dreht sich auch noch zweimal um die eigene Achse. Eine Weltneuheit, die selbst die Regelhüter des Weltturn-Verbandes FIG überforderte. Als die Sprachlosigkeit überwunden war, wurde im "Code de Pointage", den internationalen Wertungsvorschriften, nicht nur die Höchstschwierigkeit (0,80) beschlossen, sondern gleich auch noch der Name des neuen Elements festgelegt: "Bretschneider".

Eine Drehung mehr

Es ist schon eine Weile her, dass der Sachse die Idee hatte, etwas ganz Besonderes zu entwickeln. Eine Drehung mehr als es der Rest der Welt kann, sollte es sein. Kurz vor den Olympischen Spielen in London, für die er sich nicht qualifiziert hatte, war es soweit. Irgendwann im Juni 2012 begann er zu tüfteln. Nur zwei Monate später klappte es schon. Bretschneider: "Da habe ich die Stange das erste Mal wieder erwischt."

300 bis 400 Versuche

Andreas Bretschneider © dpa Foto: Tatyana Zenkovich

300 bis 400 Versuche für den "Bretschneider".

Ungefähr 300 bis 400 Versuche habe es gebraucht. So genau weiß er das heute nicht mehr. An den Jubel, den er damals lauthals herausschrie, erinnert sich Bretschneider aber noch ganz genau. "Die Kinder in der Halle haben sich erschrocken und gedacht: Was ist denn da los." Bis zur "Serienreife" dauerte es aber noch Monate, in denen er immer wieder in die sogenannte Schnitzelgrube plumpste. Am Computer wurde mit Trainer Sven Kwiatkowski jeder Fehler analysiert. Das Risiko sei absolut beherrschbar, sogar eher gering, meinen die Experten der Bewegungslehre. Bei allem Frust gab ihm das gehörigen Aufschwung.

Auf den "Bretschneider" folgt der "Miyachi"

Der Reck-Bretschneider galt bei seiner Einführung als schwierigstes Element der Turn-Geschichte. Weit komplizierter als die Übungsteile eines Eberhard Gienger oder Peter Kovacs, deren Salti am Reck gleichfalls nach ihnen benannt wurden. Es war das erste Turnelement, das vom Internationalen Turnerbund als sogenanntes H-Element geführt wird.

Bei der WM 2017 in Montreal setzte der bis dato noch kaum bekannte Japaner Hidetaka Miyachi noch einen drauf. Er führte den "Bretschneider" gestreckt statt gehockt aus. Der Weltturn-Verband nahm den "Miyachi" als I-Element mit einem Schwierigkeitsgrad von 0,9 in die Wertungsvorschriften auf.

Klappt es in Glasgow mit der Medaille?

Bretschneider hat mit seinem Element weiter zu kämpfen. Bei den Spielen in Rio misslang dem Chemnitzer die Ausführung. Er verpasste dadurch das Finale. Durch das Olympia-Jahr hatte sich der Reck-Spazialist bereits mit Schmerzen in beiden Schultern gequält. Zwei Operationen und mehrere Monate Zwangspause später patzte Bretschneider Ende 2017 bei der WM in Montreal erneut bei seinem Lieblingselement und ging leer aus. Bei den Europameisterschaften in Glasgow startet der EM-Mannschafts-Vierte von 2014 einen neuen Angriff auf seine erste internationale Medaille. Denn wenn Bretschneider der "Bretschneider" gelingt, ist Bretschneider immer ein Kandidat für das Treppchen.

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 21.08.2016, 07.00 Uhr

Stand: 12.08.18 15:41 Uhr