Raphael Holzdeppe - Deutschlands "König der Lüfte"
Steckbrief
in Kaiserslautern
Größe: 181 cm
Gewicht: 78 kg
Verein: LAZ Zweibrücken
Trainer: Andrej Tiwontschik
Beruf: Profisportler
Sportliche Eckdaten
5,94 m (2015)
Größte Erfolge
Olympische Spiele:15. Platz 2016
Bronze 2012
7. Platz 2008
Weltmeisterschaften:
6. Platz 2019
Silber 2015
Gold 2013
Europameisterschaften:
Bronze 2012
Deutsche Meisterschaften:
Gold 2019
Silber 2017
Gold 2015
Silber 2013
Silber 2012
Silber 2010
Bronze 2008
Hallen-DM:
Gold 2018
Gold 2017
U20-WM:
Gold 2008
U23-EM:
Gold 2009
Raphael Holzdeppe ist der einzige deutsche Stabhochsprung-Weltmeister. 2013 krönte sich der Pfälzer zum "König der Lüfte". Die vergangenen drei Saison-Höhepunkte verliefen allerdings enttäuschend.
Den 12. August 2013 wird Raphael Holzdeppe nie vergessen. Sämtliche Höhen bis 5,89 m überspringt der damals 23-Jährige an jenem Sommerabend bei der WM in Moskau im ersten Versuch. Der große Favorit Renaud Lavillenie patzt schon bei seiner Einstiegshöhe 5,65 m einmal und benötigt 24 Zentimeter höher drei Versuche. Dann kann der Franzose nicht nachlegen - und Holzdeppe gewinnt als erster deutscher Stabhochspringer Gold. "Einfach Wahnsinn. Ich habe mich gut gefühlt, aber damit rechnet man vorher nicht."
Weltrekord bei den Junioren
Fünf Jahre zuvor hatte Holzdeppe einen kometenhaften Aufstieg erlebt. In Biberach egalisierte das "Wunderkind" mit 5,80 m den Junioren-Weltrekord des Russen Maxim Tarassow, bei der Junioren-WM gewann der Überflieger mit 5,50 m Gold. Bei den Olympischen Spielen in Peking qualifizierte sich der bodenständige Pfälzer, der mit einer Anlaufgeschwindigkeit von bis zu 36,5 Stundenkilometern einer der schnellsten Stabhochspringer der Welt ist, schließlich mit 5,65 m für die Finalrunde und wurde Siebter.
Björn Otto (l.) und Raphael Holzdeppe mit Olympia-Silber und Bronze.
Nach einigen Rückschlägen - unter anderem verpasste er die Qualifikation für die Heim-WM 2009 in Berlin - zeigte Holzdeppe 2012 wieder starke Leistungen, holte sowohl bei der EM in Helsinki als auch bei den Olympischen Spielen Bronze. 5,91 m in London bedeuteten seinerzeit persönliche Bestleistung. "Das ist gigantisch. In den letzten Jahren war es doch immer wieder enttäuschend, auch wenn ich es bei einem internationalen Höhepunkt in das Finale geschafft hatte. Entweder habe ich viele Verletzungen gehabt oder es hat am Ende einfach nicht funktioniert", sagte er.
Karriere-Knick nach der WM
Es folgte das Sensationsjahr 2013. Schon beim Diamond-League-Meeting in Rom ließ Holzdeppe erstmals die komplette Weltelite um Olympiasieger Lavillenie hinter sich, bevor er in Moskau Geschichte schreiben sollte. Doch dem weltmeisterlichen Höhenflug folgte ein tiefer Fall. Nichts wollte dem für gewöhnlich so selbstbewussten Stabartisten mehr gelingen, die Freiluft-Saison 2014 brach der Weltmeister wegen technischer Probleme ab. Verletzungen und Rückenprobleme plagten ihn, die Hallen-EM Anfang 2015 verpasste er, nachdem er bei der DM dreimal an der Einstiegshöhe von 5,35 m gescheitert war.
Zurück zu den Wurzeln und zum Erfolg
Raphael Holzdeppe bei der Arbeit.
Holzdeppe zog von München, wo er sich nach Olympia der Trainingsgruppe von Chauncey Johnson angeschlossen hatte, zurück in die Pfälzer Heimat. Zurück zu seinem früheren Trainer Andrej Tiwontschik in die vertraute Umgebung. Er zog mit Weitspringerin Sosthene Moguenara zusammen - und begann sich wieder wohl zu fühlen. Ende Juni 2015 meisterte er im russischen Tscheboksary wieder die 5,80-m-Marke und belegte bei der Team-EM mit 5,85 m Rang zwei hinter Lavillenie. Beim Demonstrationswettbewerb am Rande der Europaspiele in Baku siegte der begeisterte Basketballer mit 5,92 m und steigerte seine persönliche Bestleistung um einen Zentimeter.
Silber bei der WM in Peking
Bei den deutschen Meisterschaften in Nürnberg, bei denen er sich mit 25 Jahren erstmals den nationalen Titel sicherte, packte Holzdeppe schließlich noch einmal zwei Zentimeter drauf: 5,94 m ohne Fehlversuch bedeuteten Meisterschaftsrekord. Bei der WM in Peking biss er sich nach verhaltenem Start in den Wettkampf und ließ mit 5,90 m im dritten Versuch seinen ewigen Rivalen Lavillenie hinter sich. Das reichte am Ende zu Silber hinter dem Kanadier Shawnacy Barber.
Erste Operation und lange Pause
Das Olympia-Jahr 2016 begann vielversprechend. Doch beim Aufwärmen für die Hallen-DM in Leipzig Ende Februar knickte er um und zog sich Innen- und Außenbandanrisse sowie einen Anriss des Syndesmosebandes im Sprunggelenk des Sprungbeins zu. Zum ersten Mal musste sich Holzdeppe operieren lassen. Erst im Juni 2016 kam er in Leverkusen zurück, wollte kurz darauf bei der EM in Amsterdam den Richtwert für die Sommerspiele angehen. Doch er verzichtete wegen fehlender Fitness und mit Blick auf Rio. Trotz fehlender Norm erhielt er schließlich einen Platz im Olympia-Team, doch schon in der Qualifikation war Schluss. Und auch die WM 2017 in London verlief enttäuschend. Zwar überstand Holzdeppe die Qualifikation, doch im Finale riss er die Einstiegshöhe von 5,50 m dreimal.
Kein gültiger Versuch bei der Heim-EM
Im vergangenen Jahr folgte das dritte Großereignis in Folge zum Vergessen. Der Pfälzer scheiterte in Berlin dreimal an seiner Einstiegshöhe von 5,51 m und blieb in der Qualifikation ohne gültigen Versuch. Aus dem enttäuschenden Abschneiden bei der Heim-EM hat er seine Schlüsse gezogen. Der 30-Jährige stellte seine Ernährung um, zudem gibt es ein neues Dehn- und Aufwärmprogramm. "Alles, um weniger verletzungsanfällig zu sein. Es hat mir schon zu denken gegeben, dass ich 2018 in Topform war und mich dann aus dem Nichts verletzt habe", sagte er.
Seitdem stehen nur noch Lebensmittel ohne industriellen Zucker auf dem Speiseplan. "Das war am Anfang ein bisschen schwer. Ich musste erstmal im Supermarkt herausfinden, was ich essen konnte", sagte er: "Aber verzichten muss ich auf nichts. Ich habe schon vorher kaum Süßigkeiten oder Softdrinks zu mir genommen."
"Möchte definitiv in die Top 5 springen"
In diesem Jahr hat Holzdeppe die Olympia-Norm von 5,80 m bereits geschafft und wurde mit 5,76 m deutscher Meister. In Doha soll es nun beim Saison-Höhepunkt deutlich besser laufen als zuletzt: "Ich möchte definitiv in die Top 5 springen. Das ist bei der derzeitigen Leistungsdichte schon schwer. Von der Form her ist das aber definitiv möglich. Ob es dann zu einer Medaille reicht, muss man sehen. Wenn mir ein astreiner Wettkampf gelingt, ist auch das möglich."
Hoffen auf EM-Zuschlag für München
Und danach? Ein paar Jahre will Holzdeppe noch springen. "Mein Plan sieht so aus, dass ich 2024 nach den Olympischen Spielen in Paris meine Karriere beende - wenn es der Körper zulässt", sagte er: "Wenn nicht, möchte ich bis 2022 weitermachen und hoffe, dass München den Zuschlag für die EM bekommt. Das wäre noch einmal ein Highlight."
Stand: 27.09.19 14:00 Uhr