Edina Müller mit Mann und Kind © Sportschau Foto: Edina Müller

Parakanu

Edina Müller: Mit Kind in Tokio zur paralympischen Medaille?

Die Parakanutin Edina Müller erlebt die Paralympics auf eine ganz besondere Art - mit Kind. Dabei wird der jungen Familie das Leben alles andere als leicht gemacht.

Bei Instagram hat Edina Müller ein Foto aus dem paralympischen Dorf gepostet. Darauf zu sehen: ein Wickeltisch und ein bequemer Stuhl, auf dem es sich Mutter und Kind zusammen gemütlich machen können. So weit so gut - und fortschrittlich. Müllers Frage dazu - "Warum es den hier wohl gibt?" - leuchtet erst auf den zweiten Blick hin ein, denn die Sache hat einen Haken: Kinder sind im paralympischen Dorf gar nicht erlaubt.

Langes Hin und Her um Kinder-Akkreditierung

Ein Wickeltisch im Athletendorf bei den Paralympics © Sportschau Foto: Edina Müller

Der Wickelraum im paralympischen Dorf - nur für wen?

Nach langem Hin und Her hatte Müller im Vorfeld der Spiele die erlösende Nachricht erhalten: Als stillende Mutter durfte sie ihren zweijährigen Sohn Liam mit nach Tokio nehmen. Aufgrund der Einreisebestimmungen in Corona-Zeiten brauchte der Kleine nämlich eine Extra-Akkreditierung, die zugleich als Visum gilt. Sie bekam eine Athleten-Akkreditierung, ihr Sohn bekam eine, mit der er Zugang zu allen Wettkampfstätten hat. "So wie sie der DBS-Präsident hat oder der Außenminister, wenn er zu Besuch käme", beschreibt Müller. "Liam darf eben nur nicht ins paralympische Dorf."

Vater Niko wiederum hat Zutritt zum Dorf, er ist als Betreuer akkreditiert. Das bedeutet, dass Mama und Papa im Dorf essen dürfen, der gemeinsame Sohn aber nicht. Deshalb haben die Drei zusammen ein Appartement außerhalb des Dorfes bezogen.

Liam darf ins Stadion, aber nur ohne seinen Papa

Die Feinheiten des Systems bekamen Vater und Sohn beim Versuch zu spüren, bei anderen Wettkämpfen vorbeizuschauen. Während der Papa am Eingang abgewiesen wurde, weil seine Akkreditierung nicht ausreichte, hätte der Kleine allein ins Stadion gehen dürfen.

Müller hat Verständnis für Sicherheitsmaßnahmen, um die Pandemie einzudämmen. Bei einigen Dingen kommt sie aber nicht aus dem Kopfschütteln heraus. "Ich darf vom Appartement ins Dorf und dort auch essen", erklärt die Wahl-Hamburgerin, die zwar nicht im Dorf übernachtet, aber dort ein Bett hat. "Und ich sehe, dass andere Leute mit Einkäufen aus dem Supermarkt zurück ins Dorf kommen." Dadurch werde die Blase doch weit mehr geöffnet, als wenn ihr Sohn einfach mit im Dorf wohnen würde.

Zumal der Kleine ohnehin stets dabei ist, wenn es zum Training geht - er gehört längst mit zur Mannschaft. Doch die wird durch die Wohnsituation ein Stück weit auseinandergerissen. "Ich finde es schade, dass ich nicht bei allen Teamaktivitäten dabei sein kann", sagt Müller. "Aber immer wieder mit dem Shuttle hin- und herzufahren, ist einfach zu anstrengend." An der Situation wird sich auch nichts mehr ändern: "Das IPC hat sich nicht gerührt."

"Edina ist gut und schnell"

Die deutsche Para-Kanutin Edina Müller © imago/Tischler Foto: Marc Renner

Edina Müller in ihrem Parakanu.

Sportlich bekommt Müller Familie und ihren Sport sehr gut unter einen Hut. Gerade einmal sieben Wochen nach der Geburt saß Müller wieder auf dem Ruderergometer. Nur ein paar Monate später löste sie mit Rang zwei bei der Weltmeisterschaft 2019 das Ticket für die Paralympics in Tokio.

Auf die Spiele 2020 war alles ausgerichtet. Nach einer Phase der Ungewissheit wegen ihres Jobs und der Sponsoren nahm sie mit Vollgas aber auch die Vorbereitung auf die Paralympics 2021 auf. In Rio vor fünf Jahren gewann sie Silber. Und auch diesmal ist wieder eine Podestplatzierung drin. "Edina ist so gut und schnell wie ich sie noch nie erlebt habe", sagt Bundestrainer André Brendel, der seit 2019 im Amt ist. Allerdings ist auch die Konkurrenz stärker geworden.

Wenn man den kleinen Liam fragt, was seine Mama denn auf dem Wasser mache, überlegt er kurz. Dann lässt er die Fäuste vor seiner Brust ganz schnell umeinander kreisen. Genauso musste es die Mutter am Donnerstag (02.09.2021) machen, als sie in den Vorläufen über die 200 m in der KL1 direkt das Finalticket buchte. Das wird zwei Tage später ausgetragen. Müller möchte dann wieder ein Wort um die Vergabe der Medaillen mitsprechen. Und Liam wird mit seinem Papa von der Tribüne aus zusehen.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Sportschau | Paralympics 2020 | 24.08.2021 | 09:05 Uhr

Medaillenspiegel

Aktueller Medaillenspiegel
Platz Land G S B
1. Flagge Volksrepublik China CHN 96 60 51
2. Flagge Großbritannien GBR 41 38 45
3. Flagge USA USA 37 36 31
4. Flagge Russisches Paralympisches Komitee RPC 36 33 49
5. Flagge Niederlande NED 25 17 17
6. Flagge Ukraine UKR 24 47 27
7. Flagge Brasilien BRA 22 20 30
8. Flagge Australien AUS 21 29 30
...
12. Flagge Deutschland GER 13 12 18
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