Der griechische Bauernsohn Spyridon Louis wird auf den letzten Metern im Marmorstadion von Athen von Kronprinz Konstantin und Prinz Georg begleitet, während die Zuschauer im vollbesetzten Stadion jubeln und die Hüte schwenken. © ullstein bild - ullstein bild

Athen 1896: Ein weiter Weg zum Neuanfang

Es ist ein kurzer, weiter Weg "von Athen nach Athen". Für die Organisation der ersten Spiele der Neuzeit bleiben den Griechen nur zwei Jahre Zeit. Davon vergeht fast die Hälfte mit Gezänk um Geld und Kompetenzen. Erst als IOC-Präsident Pierre de Coubertin das griechische Königshaus zum Mitstreiter gewinnt, geht es voran. Millionär Georgios Averhoff ermöglicht mit einer Spende den Bau des Stadions. Den Spielen selbst fehlt allerdings viel von dem, was Olympia heute ausmacht: Es gibt keine Flagge, keine (Sportler-)Frauen, keinen Eid. In gerade einmal neun Sportarten - Fechten, Gewichtheben, Leichtathletik, Radsport, Ringen, Schießen, Schwimmen, Tennis und Turnen - gehen offiziell 241 Teilnehmer an den Start, manche davon in heute undenkbaren Kombinationen wie Tennis und Laufen oder Turnen und Ringen. Das Rudern wird wegen schlechten Wetters komplett abgesagt. Gesprungen wird aus dem Stand, geturnt in langen Hosen, und US-Leichtathlet Thomas Burke erregt mit seiner Tiefstart-Premiere beim Start zum 100-Meter-Lauf große Aufmerksamkeit.

Geschichte

Das war Olympia 1896

USA spät, aber gut

Zum Sieg im Kurzsprint reichen dem Studenten aus Boston 12,0 Sekunden; über 400 Meter gewinnt er in 54,2. Erster Olympiasieger wird zuvor sein Teamkamerad James Connolly, der im Dreisprung über einen Meter Vorsprung vor dem Franzosen Alexandre Tufferi hat. Ohnehin stellen die Amerikaner - durchaus zum Unwillen der Gastgeber - die erfolgreichste Mannschaft, obwohl sie erst einen Tag vor Beginn eintreffen: Sie sind davon ausgegangen, dass die Spiele erst zwölf Tage später beginnen. Denn in Griechenland gilt für die Zeitrechnung noch der julianische Kalender. Dass die sportlichen Leistungen zum Teil weit hinter dem Stand der Zeit zurückstehen, ist für die revolutionäre Idee des Historikers und Pädagogen Coubertin nebensächlich: Seine Vision von geistiger und körperlicher Ertüchtigung, Internationalismus und Weltfrieden hat in Athen einen Ausgangspunkt gefunden - wenn auch nicht unumstritten.

Schuhmann Held der Spiele

Die Organisation folgt einer Leichtigkeit, die angesichts heutiger Bürokratie (und Sicherheitsvorkehrungen) unvorstellbar ist: Der Schweizer Turner Louis Zutter reist auf eigene Rechnung nach Athen und schließt sich dort spontan noch den Deutschen an (die Schweiz nahm an den Spielen nicht teil). Und der Deutsche Fritz Traun kann sich nach seinem vorzeitigen Aus im 800-Meter-Lauf noch nachträglich für das Tennisturnier melden - wo er gemeinsam mit seinem englischen Partner Pius Boland das Doppel gewinnt. So wie Traun ist vielen Athleten eine Sportart zu wenig. Viele Olympioniken starten in mehreren Wettbewerben. Einer ist Carl Schuhmann. Der vielseitige Münsteraner geht im Turnen, Ringen, Gewichtheben und in der Leichtathletik an den Start und avanciert mit vier Siegen zum erfolgreichsten Teilnehmer bei den Spielen.

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 21.08.2016, 07.00 Uhr