Carl Lewis wird 1984 Olympiasieger über 100 m. © imago/Sven Simon

Lewis: "Carl der Große" auf dem Gipfel

Nach der Siegerehrung für die amerikanische Staffel wird Carl "der Große" Lewis von seinen Teamgefährten auf den Schultern getragen. Am Schlusstag der Spiele 1984 sichert er dem 4x100-Meter-Quartett der USA mit einem grandiosen Rennen als Schlussläufer den Sieg in Weltrekordzeit von 37,83 Sekunden - und sich selbst damit seine vierte Goldmedaille in L.A. Das zweitplatzierte Jamaica liegt im Ziel fast acht Zehntelsekunden zurück, eine halbe Ewigkeit im Staffelsprint.

"Ist nicht möglich, mich zu schlagen"

"Alles, was man über mich sagt, all der Ehrgeiz meiner Gegner, mich zu schlagen, all das beunruhigt mich nicht, sondern motiviert mich noch mehr", diktiert Lewis den Journalisten zu Beginn der Spiele in den Notizblock. "Sie werden alle die Gelegenheit haben zu zeigen, ob sie mich wirklich schlagen können. Ich weiß, dass das nicht möglich ist, nicht hier und nicht heute." Mit seiner Selbstverliebtheit und einer gehörigen Portion Arroganz, die an Box-Champion Muhammad Ali zu dessen "Hochzeiten" erinnert, feilt der damals 23-Jährige aus Birmingham, Alabama, an seinem Image als Superstar. "One down and three to go" - so wendet sich Lewis per Presseerklärung nach seinem 100-Meter-Sieg an die vergeblich wartende Meute der Journalisten im Stadion, das er nicht auf dem für alle Athleten eigentlich vorgegebenen Weg verlässt. Eine Medaille ist bereits geholt, drei weitere gibt's noch zu gewinnen, so seine Botschaft.

Geschichte

Das war Olympia 1984

Anlauf - Sprung - Sieg

Titel Nummer zwei holt sich Lewis im Weitsprung, zwei Tage nach dem 100-Meter-Gold. 8,54 Meter legt er vor, gleich im ersten Durchgang. Es ist exakt dieselbe Weite, mit der vier Jahre zuvor der Chemnitzer Lutz Dombrowski für die DDR in Moskau gesiegt hatte. Und es ist eine Weite, an die niemand mehr herankommt, 30 Zentimeter mehr als der Zweit- und der Drittplatzierte. Lewis weiß um seine Stärke und verzichtet auf weitere Sprünge - sehr zum Ärger seiner Fans. Die sehen ihn zwei Tage später erneut in Siegerpose, als er im 200-Meter-Finale in 19,80 Sekunden seine Landsmänner Kirk Baptiste und Thomas Jefferson ebenso problemlos wie deutlich hinter sich lässt. Und auch in der Staffel - mit Sam Graddy, Ronald Brown und Calvin Smith - heißt der "Dominator" am Ende Frederick Carlton Lewis. "Das Publikum war nach dem Weitsprung enttäuscht, aber ich bitte um Verständnis", wird Lewis nachher sagen. "Vor den Spielen hatte man mich gewarnt, dass das, was ich mir vorgenommen hatte, nicht möglich sei. Ich habe es aber geschafft."

Neunmal Gold bei Olympia

Mit den vier Siegen von L.A. wandelt der Exzentriker Lewis auf den Spuren von Jesse Owens, der 1936 in Berlin ebenfalls viermal erfolgreich war. Anders als Owens kann Lewis den Triumph im Weitsprung noch dreimal wiederholen: 1988, 1992 und 1996. Neben US-Diskuswerfer Al Oerter und Schwimmer Michael Phelps ist "Carl der Große" bis heute der einzige Athlet, der in einer Disziplin viermal in Folge bei Olympia erfolgreich ist. Insgesamt bringt er es in seiner schillernden Karriere auf neun olympische Goldmedaillen und zählt damit zu den größten Olympioniken aller Zeiten.

Dopingverdacht gegen den Superstar

Das Gold für die 100 Meter in Seoul 1988 bekommt er erst nachträglich. Im Ziel liegt er hinter dem Kanadier Ben Johnson, der wenig später des Dopings überführt wird. Aber auch Lewis wird, wie der frühere Chef-Dopingkontrolleur im amerikanischen Olympischen Komitee (USOC), Dr. Wade Exum, 2003 enthüllt, während der Olympia-Qualifikation 1988 positiv auf die verbotenen Stimulanzien Pseudoephedrin, Ephedrin und Phenylpropanolamin getestet. Folgen hat das für den Superstar nicht. Exum zufolge sind zwischen 1988 und 2000 offenbar mehr als 100 US-Athleten positiv getestet worden. Die Doper gewinnen anschließend insgesamt 19 Medaillen bei Olympischen Spielen.

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 21.08.2016, 07.00 Uhr

Stand: 12.08.16 07:05 Uhr