John Mark, ein 22 Jahre alter Medizinstudent des St. Mary Hospital Paddington, entzündet die Olympische Flamme im Wembley-Stadion. © ullstein bild - TopFoto

London 1948: Nachkriegsspiele ohne Deutschland

Drei Jahre nach Kriegsende kommen 4.062 Sportler aus 59 Nationen nach London. "Die Welt sehnt sich nach der schönen Zeit des Friedens zurück", beschreibt IOC-Präsident Sigfrid Edström die Motivation für den Wiederbeginn. Nicht eingeladen werden das besetzte Deutschland sowie Japan. Die Sowjetunion verzichtet freiwillig auf eine Teilnahme. Lebensmittel sind allerorten noch knapp. Zwar überzeugt das Organisationskomitee den Ernährungsminister, die Sportler als Schwerstarbeiter einzustufen und entsprechende Rationen bereitzustellen. Dennoch wird den teilnehmenden Nationen empfohlen, eigene Verpflegung mitzubringen und Lebensmittel zu spenden. Dänemark schickt 30 Eier. Auch an anderer Stelle macht sich der Krieg noch bemerkbar: Die Sportler sind in Kasernen und Schulen untergebracht. Das ehrwürdige Wembley-Stadion ist zwar renoviert, aber häufiger Regen verwandelt die Laufbahn in einen matschigen "Kartoffelacker". Die erstmals auf den Strecken 100 bis 400 Meter verwendeten Startblöcke sind so nur bedingt ein Fortschritt.

Geschichte

Das war Olympia 1948

"Fanny" fliegt zu Gold

Phoenix auf der Asche ist die Niederländerin Francina Elsje "Fanny" Blankers-Koen. Die "fliegende Hausfrau" startet viermal - über 100 Meter (11,9 Sekunden), 200 Meter (24,4 Sekunden), 4x100 Meter (47,5 Sekunden) und 80 Meter Hürden (11,2 Sekunden) - und gewinnt viermal in beeindruckender Manier. Im Staffelrennen macht die 30 Jahre alte zweifache Mutter aus einem Rückstand von fünf Metern noch Gold. Zu ihrem überlegenen Triumph über 200 Meter muss sich die "Flying Dutchmam" erst von ihrem Mann und Trainer Jan Blankers überreden lassen: Eigentlich fühlt sie sich nach zwei Siegen schon zu schwach. Für Furore sorgen zwei weitere Vertreter des vermeintlich "schwachen" Geschlechts: die französische Konzertpianistin Micheline Ostermeyer - mit Siegen im Kugelstoßen und Diskuswerfen und die Österreicherin Herma Bauma, die im Speerwerfen für ihr Land das erste Leichtathletik-Gold der olympischen Geschichte gewinnt. Der Tscheche Emil Zatopek startet in London seinen olympischen Triumphzug mit Gold über 10.000 Meter und Silber über 5.000 Meter. Erst 17-jährig wird US-Boy Bob Mathias jüngster Zehnkampf-Olympiasieger aller Zeiten.

Drama im Empire Pool

Mit einer schier unglaublichen Reaktion rettet Staffelschwimmer Elemér Szathmári die Dänin Greta Andersen vor dem Ertrinken. Der Ungar sitzt am Beckenrand und schaut dem dritten Vorlauf der Damen über 400 Meter zu. Plötzlich sieht er die 100-Meter-Olympiasiegerin nach 150 Metern ohne einen Laut im Wasser versinken. Mit einem Hechtsprung taucht Szathmári ins Becken und holt die ohnmächtige Dänin vom Grund des Empire Pools herauf. Auch sportlich machen die Ungarn auf sich aufmerksam: Im Hammerwerfen gewinnt Imre Nemeth, im Weitsprung der Frauen triumphiert Olga Gyarmati. Auf der Planche erkämpft sich die ungarische Florettfechterin Ilona Elek zwölf Jahre nach Berlin erneut die Goldmedaille. Und noch ein anderer Sieger von Berlin kann seinen Titel erfolgreich verteidigen - der Tscheche Jan Brzak im Canadier-Zweier über 1.000 Meter. Dominierende Nation sind - nach dem "Ausrutscher" in Berlin - wieder die USA mit 38 Gold-, 27 Silber- und 19 Bronzemedaillen.

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 21.08.2016, 07.00 Uhr