Symbolbild: Doping in Russland © imago/Ralph Peters

Hintergrund

Chronologie des russischen Dopingskandals

Seit Ende 2014 wird die internationale Leichtathletik von einem Doping- und Korruptionsskandal erschüttert, dessen Epizentrum Russland ist. Eine Chronologie der Ereignisse, die mit den Enthüllungen einer ARD-Dokumentation ihren Anfang nahmen.

  • 3. Dezember 2014: Auslöser des Skandals ist der ARD-Dokumentarfilm "Geheimsache Doping - Wie Russland seine Sieger macht". Hajo Seppelt liefert darin Beweise für flächendeckendes Doping in der russischen Leichtathletik und ein von Trainern und Verbandsfunktionären getragenes, korruptes Betrugssystem. Kronzeugen sind die russische 800-Meter-Weltklasseläuferin Julia Stepanow und ihr Mann Witali, der für die russische Anti-Doping-Agentur RUSADA gearbeitet hat. Auch der Internationale Leichtathletik-Verband IAAF und Walentin Balachnitschew, Präsident des russischen Leichtathletik-Verbandes und IAAF-Schatzmeister, geraten durch zahlreiche Aussagen und belastende Dokumente unter Druck.

  • 11. Dezember: Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA leitet nach den Enthüllungen eine Untersuchung ein. Der frühere WADA-Chef Richard Pound leitet die Kommission zur Aufklärung der Doping-Vorwürfe gegen Russland. Balachnitschjow legt sein Amt als IAAF-Schatzmeister vorläufig nieder.

  • 17. Februar: Russlands Leichtathletik-Präsident Balachnitschew tritt als Konsequenz aus den Enthüllungen zurück. Nachfolger wird Wadim Selischenko. Walentin Maslakow, Russland Leichtathletik-Cheftrainer ist bereits knapp vier Wochen zuvor zurückgetreten.

  • 1. August: Die ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping - Im Schattenreich der Leichtathletik" präsentiert neue Belege für Vergehen in Russland und auch Kenia. ARD und "Sunday Times" haben eine Liste mit 12.000 Blutproben von rund 5.000 Läufern ausgewertet, die von der IAAF stammt. Darunter sollen 800 Sportler mit dopingverdächtigen Werten sein, die von 2001 bis 2012 bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften gestartet sind. Teilweise gebe es sogar Verdachtsmomente gegen alle Athleten auf den ersten drei Plätzen.

  • 17. August: Russland schickt keine unter Doping-Verdacht stehenden Athleten zu den Weltmeisterschaften in Peking.

  • 9. November: Die unabhängige Kommission der WADA fordert den Ausschluss der Gesamtrussischen Leichtathletik-Föderation ARAF aus dem Weltverband IAAF wegen Nicht-Einhaltung des Anti-Doping-Codes. Das systematische Doping-System in der russischen Leichtathletik soll offenbar von höchsten Stellen der Moskauer Regierung gedeckt worden sein. "Sie können es nicht nicht gewusst haben", sagt der Kommissionsleiter Richard Pound. Einen Tag später entzieht die WADA dem Doping-Kontrolllabor in Moskau die Akkreditierung. Damit darf das Labor unter anderem keine Blut- und Urin-Proben mehr analysieren.

  • 11. November: Der bisherige Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors, Gregori Rodschenkow, erklärt seinen Rücktritt. Damit wird eine Forderung der WADA erfüllt, die ihm unter anderem vorgeworfen hatte, 1.417 Dopingproben zerstört zu haben.

  • 13. November: Die IAAF suspendiert den Gesamtrussischen Leichtathletik-Verband ARAF angesichts der gravierenden Dopingvorwürfe. Fünf Tage später wird auch Russlands Anti-Doping-Agentur RUSADA suspendiert.

  • 19. November: Die IAAF fordert in einem Fünf-Punkte-Papier die sofortige Bestrafung aller in den russischen Dopingskandal verwickelten Personen und die Schaffung eines Anti-Doping-Gesetzes in Russland. Es sind zwei von fünf Bedingungen, die die ARAF erfüllen muss, um wieder in die IAAF aufgenommen zu werden und somit die internationale Starterlaubnis für seine Athleten zurückzuerlangen.

  • 7. Januar 2016: Die Ethikkommission der IAAF sperrt im Zuge des Dopingskandals den ehemaligen IAAF-Schatzmeister und russischen Verbandspräsidenten Balachnitschjow sowie Russlands Ex-Cheftrainer Alexej Melnikow lebenslang. Beide haben offenbar systematisch positive Doping-Proben russischer Athleten vertuscht und Schmiergelder kassiert.

  • 12. Januar: Interne Dokumente aus der IAAF-Zentrale, die der Nachrichtenagentur AP zugespielt wurden, belegen, dass der Weltverband seit 2009 vom massiven Doping in Russland wusste.

  • 6. März: Eine weitere ARD-Dokumentation der Reihe "Geheimsache Doping" präsentiert neue Belege für Verstöße von Russlands Leichtathletik gegen Auflagen vom Weltverband IAAF und der Welt-Anti-Doping-Agentur. Demnach betreut der eigentlich gesperrte Trainer Wladimir Mochnew offenbar weiter Athleten, ein Juniorentrainer soll nebenher mit Dopingmitteln handeln. Zudem soll die neue Chefin der suspendierten RUSADA als einfache Mitarbeiterin einst Athleten den Zeitpunkt von Dopingkontrollen verraten haben.

  • 12. Mai: Der ehemalige Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors, Gregori Rodschenkow, sagt der "New York Times", er habe systematische Manipulationen im russischen Team 2014 während der Olympischen Winterspiele in Sotschi mitorganisiert. 15 der russischen Medaillengewinner in Sotschi seien gedopt gewesen. US-Justiz, das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die WADA nehmen Ermittlungen auf.

  • 17. Mai: Das IOC teilt mit, dass bei Nachtests von Proben der Olympischen Spiele 2008 in Peking insgesamt 31 Sportler des Dopings überführt worden sind. Darunter sollen 14 Russen sein, unter anderem auch die Hochsprung-Olympiasiegerin von London 2012 Anna Tschitscherowa.

  • 27. Mai: Das IOC wird auch bei Nachtests von Dopingproben der Olympischen Spiele 2012 in London fündig. 23 Sportler werden überführt. Das Russische Olympische Komitee bestätigt, dass acht Russen darunter sind, unter anderem Tatjana Lysenko. Die Hammerwurf-Olympiasiegerin von London 2012, die seit ihrer Heirat den Nachnamen Beloborodowa trägt, war bereits von 2007 bis 2009 wegen Dopings gesperrt. Zudem soll sie auch bei Nachtests von Proben der WM 2005 in Helsinki positiv gewesen sein und wurde von der IAAF deswegen provisorisch gesperrt.

  • 15. Juni: Die WADA erhebt weitere schwere Vorwürfe und offenbart in einem Bericht gravierende Mängel im russischen Anti-Doping-Kampf. So hätten zwischen dem 15. Februar und dem 29. Mai insgesamt 736 geplante Dopingkontrollen aus verschiedenen Gründen nicht umgesetzt werden können.

  • 17. Juni: Die IAAF verlängert die Sperre gegen den russischen Verband. Diese gilt auch für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. 68 russische Athleten klagen anschließend gegen die Sperre vor dem internationalen Sportgerichtshof CAS.

  • 1. Juli: Die IAAF erteilt Whistleblowerin Julia Stepanowa "wegen ihrer Verdienste um einen sauberen Sport" das internationale Startrecht unter neutraler Flagge.

  • 9. Juli: Der Leichtathletik-Weltverband IAAF hat die Teilnahme der russischen Weitspringerin Darja Klischina an den Olympischen Spielen in Rio und anderen internationalen Wettkämpfen genehmigt - allerdings als "neutrale Athletin". Die jeweiligen Ausrichter müssten die Entscheidung noch akzeptieren.

  • 18. Juli: Ein Untersuchungskommission der WADA unter Leitung von Richard McLaren kommt zu dem Schluss, dass in Russland systematisch gedopt wurde. Im Moskauer Dopinglabor seien über Jahre hinweg positive Proben verschwunden, das russische Sportministerium habe die Manipulationen überwacht.

  • 21. Juli: Der internationale Sportgerichtshof CAS weist den Einspruch der 68 russischen Leichtathleten gegen den Olympia-Ausschluss ab. Damit sind in Rio nur Klischina und Stepanowa startberechtigt.

  • 24. Juli: Das IOC verzichtet auf eine Sperre aller russischen Sportler bei den Sommerspielen. Athleten, die gegenüber ihren jeweiligen Weltverbänden den Nachweis erbringen können, nicht in das russische Staatsdopingsystem involviert gewesen zu sein, dürfen in Brasilien starten.

  • 24. Juli: Whistleblowerin Julia Stepanowa darf in Rio trotz ihrer Mithilfe bei der Aufklärung des umfassenden Dopings in Russland nicht starten. Den Antrag der russischen 800-m-Läuferin, als "neutrale" Athletin unter der olympischen Flagge antreten zu dürfen, lehnt das IOC ab. Sie erfülle angesichts ihrer Doping-Vergangenheit trotz ihrer Verdienste um Aufklärung nicht die "ethischen Anforderungen".

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 21.08.2016, 07.00 Uhr

Stand: 24.07.16 17:07 Uhr