Julia Stepanowa ist "untröstlich und traurig"
Frustriert, enttäuscht, untröstlich: Zermürbt von der wochenlangen Auseinandersetzung mit dem IOC hat Julia Stepanowa den Kampf um ihren Olympiastart aufgegeben.
Die Whistleblowerin Julia Stepanowa, die den Dopingskandal in Russland aufgedeckt hatte, verzichtet auf einen Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS. Im Gegensatz zu mindestens 271 Athleten aus ihrem Heimatland wird die vom IOC verstoßene 800-m-Läuferin in Rio fehlen. "Obwohl wir untröstlich sind, möchten wir klarstellen, dass wir von Anfang an beschlossen haben, keine juristischen Schritte einzuleiten. Wir werden nicht vor den CAS ziehen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung mit ihrem Mann Witali: "Unsere Enttäuschung und Traurigkeit ist riesig."
Stepanowa hat offenbar eingesehen, dass eine Klage vor dem CAS keinerlei Aussichten auf Erfolg hat. Durch die Einstufung als "neutrale Athletin" durch das IOC hat sie keinerlei Anspruch auf einen Startplatz in Rio. Mit ihren umfangreichen Aussagen über flächendeckendes Doping in ihrer Heimat hatten die Stepanowas ab Ende 2014 einen riesigen, vom Staat geschützten Betrug offengelegt.
Vom IOC für Courage bestraft
Stepanowa, die selbst über Jahre Teil des Doping-Systems war, und ihr Mann nahmen in Kauf, damit keine Zukunft mehr in Russland zu haben. In der olympischen Bewegung haben sie ebenfalls keine mehr. Im Gegensatz zum Leichtathletik-Weltverband IAAF, der Stepanowa als eine von nur zwei russischen Sportlern das Startrecht erteilte, "bestrafte" sie das Internationale Olympische Komitee (IOC) mit seiner Entscheidung für ihre Courage. Am kommenden Mittwoch bei den olympischen Vorläufen über 800 Meter wird sie fehlen.
Dafür hatte das IOC unter anderem angeführt, dass sie als ehemalige Doperin den "ethischen Anforderungen" an einen olympischen Athleten nicht erfülle. Die neu eingeführte Regel, ehemaligen russischen Dopern den Olympiastart zu verwehren, traf auch Stepanowa. Diese wurde am Donnerstag jedoch vom CAS aufgehoben. "Wir erkennen, dass das IOC das Ermessen hat, zu den Spielen einzuladen, wen es will. Die Entscheidung, Julia einen Platz im Wettbewerb zu verwehren, sendet die Botschaft, dass der Code der Welt-Anti-Doping-Agentur und die olympischen Werte nicht mehr als bloße Worte auf einem Stück Papier sind", schrieben die Stepanowas.
Massive Unterstützung anderer Sportler
Schon gleich nach der Entscheidung des IOC hatte es für Stepanowa massive Rückendeckung gegeben. Inzwischen haben mehr als 250.000 Menschen eine Online-Petition für ihren Start unterschrieben. Eine Sportlergruppe um den deutschen Diskus-Olympiasieger Robert Harting, der die IOC-Entscheidung in der Causa Russland lautstark kritisiert hat, hatte zudem eine Spendensammlung initiiert. "Es wurden scheinheilige Gründe gesucht, um sie fernzuhalten, weil ihr Start einem Schlag ins Gesicht von Wladimir Putin gleichgekommen wäre", sagte Harting: "Was Julia Stepanowa gemacht hat, war super. Damit hat sie den Sport fundamental verändert, damit wird ihr Name immer verbunden - und nicht mir ihrer Dopingsperre."
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Stand: 05.08.16 21:07 Uhr