Julia Stepanowa bei der Leichtathletik-EM in Amsterdam © imago/Pressefoto Baumann

Doping

Stepanowa bleibt von Olympia ausgeschlossen

Whistleblowerin Julia Stepanowa darf nicht bei Olympia starten. Die Russin hatte sich nach ihrem Olympia-Startverbot noch einmal mit einem Brief an das IOC gewandt. Mark Adams, Sprecher des IOC-Präsidenten, erklärte jedoch, dass das Exekutivkomitee am Samstag (30.07.16) in Rio gar nicht mehr über die erneute Bitte der 800-m-Läuferin gesprochen habe.

Die letzte Hoffnung von Julia Stepanowa, doch noch bei dem Olympischen Spielen in Rio starten zu dürfen, hat sich zerschlagen. Die Russin, die als Whistleblowerin mit ihren Enthüllungen die Aufdeckung des russischen Staatsdopingsystems ins Rollen gebracht hatte, hat beim IOC erneut kein Gehör gefunden. Bei der Sitzung der Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees am Samstag (Ortszeit) in Rio de Janeiro ist laut Mark Adams, Sprecher von IOC-Präsident Thomas Bach, noch nicht einmal mehr über die erneute Bitte Stepanowas gesprochen worden. "Die letzte Entscheidung ist schon getroffen worden", sagte Adams und verwies auf einen entsprechenden Beschluss des Exekutivkomitees vom 24. Juli in Lausanne.

Diesen hatte die 800-m-Läuferin als "unfair" bezeichnet und einen Brief an das IOC verfasst. Die Entscheidung würde auf "falschen und unwahren Aussagen" basieren und andere Whistleblower in Zukunft davon abhalten, mit Enthüllungen an die Öffentlichkeit zu treten.

"Ich wollte den Sport sauberer machen"

Die 30-Jährige betonte, dass sie es gar nicht abgelehnt habe, unter der russischen Flagge anzutreten. Vielmehr hätten es die übrigen russischen Athleten abgelehnt, zusammen mit ihr im selben Team zu starten. "Wenn das Russische Olympische Komitee gesagt hätte, es würde mich unterstützen und mich gerne in seinem Team haben, hätte ich das akzeptiert. Ich wollte nie jemandem schaden, sondern den Sport sauberer machen", sagte Stepanowa. "Ich bin nicht gegen die russischen Athleten, ich unterstütze sie vom ganzen Herzen. Sie tun mir leid, dass sie Teil dieses Systems sind." Nach Angaben ihres Ehemannes wird die Whistleblowerin nicht vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS ziehen, um noch einen Olympia-Start zu erwirken. Dafür fehle das Geld, erklärte Witali Stepanow. "Wenn Julia nicht mit ihren Enthüllungen begonnen hätte, wäre all das, was gerade passiert, wahrscheinlich nie geschehen. Alle Athleten würden dann an den Olympischen Spielen teilnehmen", sagte Witali Stepanow der Zeitung "USA Today". Die IOC-Entscheidung hat nach Ansicht Stepanows eine fatale Signalwirkung. "Was das IOC sagt, ist: Wenn du betrügst, aber Sachen ändern möchtest, dann lass es besser sein. Betrüge weiter, ändere nichts, versuche es auch erst gar nicht", sagte er: "Ich denke nicht, dass dies die Botschaft ist, die eine ethische Organisation vermitteln will."

IOC: "Ethischen Anforderungen" nicht erfüllt

Die IOC-Ethikkommission hatte in ihrer Erklärung zwar "Stepanowas Beitrag zum Anti-Doping-Kampf" begrüßt, da sie aber selbst mindestens fünf Jahre Teil des Systems gewesen sei, "erfüllt sie nicht die ethischen Anforderungen an einen olympischen Athleten", hieß es in der IOC-Begründung. Man sei "dankbar für ihr Engagement, deshalb laden wir sie und ihren Ehemann ein, in Rio Gäste des IOC zu sein. Wir zeigen damit, dass wir bereit sind, sie zu unterstützen", führte das IOC weiter aus.

Enttäuschung und Sorgen bei der WADA

Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA zeigte sich betroffen. "Die WADA hat Julias Bestreben, in Rio laufen zu dürfen, stets sehr engagiert unterstützt", sagte WADA-Generalsekretär Olivier Niggli. Stepanowa habe mit viel Mut "den größten Dopingskandal der Geschichte aufgedeckt". Die Botschaft, die ihr Startverbot an alle Whistleblower der Zukunft aussende, "bereitet der WADA große Sorgen".

Prokop: "IOC hat große Chance verpasst"

Auch der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, Clemens Prokop, zeigte sich enttäuscht: "Mit dem fehlenden Startrecht für Julia Stepanowa hat das IOC eine große Chance verpasst, ein Zeichen im Kampf gegen Doping zu setzen." Er hält zudem die IOC-Entscheidung, ehemalige russische Doping-Sünder generell nicht bei den Rio-Spielen starten zu lassen, für rechtswidrig: "Die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees, frühere Doper aus Russland nicht an den Sommerspielen teilnehmen zu lassen, ist eine Verletzung der Rechtssprechung des CAS und des Gleichheitsprinzips. Ehemalige Doper aus anderen Ländern wie der US-Sprinter Justin Gatlin dürfen in Rio munter mitmachen."

Hörmann zeigt Verständnis

Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), äußerte dagegen Verständnis für den IOC-Entschluss, Stepanowa kein Startrecht zu geben: "Sie hat selbst klar gegen die Regeln verstoßen. Insofern verstehe ich, dass das IOC sagt, eine russische Athletin mit Doping-Vergangenheit kann nicht starten."

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 21.08.2016, 07.00 Uhr

Stand: 31.07.16 16:52 Uhr