Kommentar
Bachs Bankrotterklärung im Kampf gegen Doping
Russische Sportler dürfen trotz der umfassenden Doping-Vorwürfe bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro antreten. Das IOC verhängte kein generelles Startverbot. Die Entscheidung sei die Bankrotterklärung des internationalen Anti-Doping-Kampfes - und ein weiterer Sargnagel für die Glaubwürdigkeit des IOC und seines Präsidenten Thomas Bach, meint ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt in seinem Kommentar.
"Null Toleranz bei Doping", sagt IOC-Präsident Thomas Bach stets. Aber er hat offenbar eine Menge Toleranz bei Staatsdoping. Politisch gesteuerter Sportbetrug von ganz oben, historisch fast beispiellos, nur die DDR hat es einst ähnlich kriminell getrieben. Politiker und Funktionäre haben in Russland für zweifelhaften Weltruhm die elementaren Gesetze des Sports gebrochen und ihre Sportler mit gefährlichen Dopingmitteln großen Gesundheitsgefahren ausgesetzt. Die Botschaft des IOC aber ist: "Seht her, ihr könnt noch so schlimm betrügen, ob mit Hormoncocktails oder Blutdoping - trotzdem, herzlich Willkommen bei Olympia."
Nicht selbst die Finger schmutzig machen
Es war bezeichnend, wie sich der deutsche IOC-Präsident mal wieder nicht selbst die Finger schmutzig machen wollte und die heikelste Aufgabe an die Sportverbände delegiert. Sie mögen bitte bis zum Olympiastart in Rio prüfen, welche russischen Sportler Teil des Staatsdopingsystems gewesen seien. Die nicht Teil des Systems waren, dürften dann zu Olympia. Wie aber soll das irgendwer seriös binnen zwölf Tagen überprüfen können? Das kann nicht funktionieren. Thomas Bach muss das wissen.
Freifahrtschein für Doper aus Russland
So ist die IOC-Entscheidung eine Mogelpackung und ein Freifahrtschein für Doper aus Russland, die durchs Netz schlüpfen werden. Mit dem Schutz sauberer Athleten, wie Putin-Freund Bach sagte, hat das nichts zu tun. Und ausgerechnet Julia Stepanowa, die Sportlerin, die mit ihren mutigen Enthüllungen das Dopingsystem ihrer Heimat ins Wanken brachte, darf nicht zu Olympia. Die fafale Botschaft: Wer über Doping auspackt, wird bestraft.
Niederlage für den Kampf gegen Sportbetrug
Deshalb ist die IOC-Entscheidung nicht nur eine Niederlage für den Kampf gegen Sportbetrug, sondern ein weiterer Sargnagel für die Glaubwürdigkeit des IOC und seines Präsidenten Thomas Bach. Der einflussreichste Strippenzieher des Weltsports hat die Bankrotterklärung des internationalen Anti-Doping-Kampfes unterschrieben.
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Stand: 25.07.16 06:50 Uhr