Läuferin Julia Stepanowa © picture alliance / dpa Foto: Michael Kappeler

Doping

Stepanowa schaut TV und hakt Olympia für immer ab

von Bettina Lenner, sportschau.de

Am Mittwoch (17.08.16) starten in Rio de Janeiro die olympischen 800-Meter-Vorläufe - ohne Whistleblowerin Julia Stepanowa. Die Russin wird die Wettkämpfe nach ihrem Ausschluss von den Spielen in den fernen USA am Fernseher verfolgen. Olympia hat sie für immer abgehakt.

"Natürlich bin ich traurig, dass ich nicht dabei bin. Aber das Leben geht weiter. Ich werde dem Sport weiterhin verbunden bleiben und die Wettkämpfe auch schauen", sagte die 30-Jährige im ARD-Exklusivinterview. Stepanowa hatte als Kronzeugin gemeinsam mit ihrem Mann Witali das staatlich gelenkte russische Dopingsystem aufgedeckt - und bedauert diesen Schritt nicht: "Natürlich hätte ich größere Chancen gehabt, an den Wettbewerben in Rio teilzunehmen, wenn ich nichts gesagt hätte. Aber ich habe nun einmal den Weg gewählt, die Wahrheit zu erzählen, und dazu stehe ich."

"IOC nutzt meine Vergangenheit gegen mich aus"

Den Start bei den Spielen in Rio hatte das IOC Stepanowa untersagt, da sie mindestens fünf Jahre Teil des Systems in Russland gewesen sei und als ehemalige Dopingsünderin "nicht die ethischen Anforderungen" für einen Start erfülle. "Thomas Bach (IOC-Präsident, Anm.d.Red.) verhält sich mir gegenüber, wie es auch die Russen getan haben: Er nutzt meine Vergangenheit gegen mich aus. Leider kann ich meine Vergangenheit nicht ändern", sagte die Läuferin.

Insgesamt sind in Rio rund 280 Russen am Start. "Ich bin sicher, dass einige russische Athleten, die jetzt in Rio starten, gedopt sind. Es gab in den vergangenen Monaten große Probleme bei den Tests russischer Athleten. Es haben sogar nationale Meisterschaften stattgefunden, bei denen keine stattgefunden haben. Da bleiben natürlich große Zweifel", sagte Witali Stepanow.

Familie kann sich keinen Personenschutz leisten

Erst am Montag hatte das Ehepaar, das nach den Enthüllungen floh und mit seinem kleinen Sohn in den USA an einem unbekannten Ort lebt, in einer aufwühlenden Video-Pressekonferenz berichtet, dass es um sein Leben fürchte. Unbekannte hatten die Server der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA gehackt - offensichtlich, um den Aufenthaltsort der Stepanows in Erfahrung zu bringen. "Man hat festgestellt, wo wir uns befinden", bestätigte Stepanowa der ARD: "Wir haben uns große Sorgen gemacht. Jetzt sind wir umgezogen. Ich bin erleichtert und nicht mehr so besorgt wie noch vor einigen Tagen." Sie betonte erneut: "Wenn uns etwas passiert, dann ist das kein Zufall." Personenschutz könne sich die Familie nicht leisten.

Tokio 2020? "Das IOC wird mich nie zulassen"

Für die Zukunft hat Stepanowa vor allem einen Wunsch: "Dass das alles bald ein Ende hat. Dass wir in Ruhe leben können und keine Angst um unser Leben haben müssen." Eine Rückkehr nach Russland, wo beide als Verräter gelten, scheint ausgeschlossen. "Wir hoffen, dass wir in den USA bleiben können und dass ich in den nächsten Monaten eine Arbeitserlaubnis bekomme, damit ich arbeiten und für meine Familie sorgen kann", sagte Witali Stepanow. Seine Frau möchte ihre sportliche Karriere fortsetzen und "sehen, wie meine Ergebnisse ohne Doping sind. Ich werde mich auf die Wintersaison vorbereiten und dann hoffe ich, dass ich an Wettkämpfen teilnehmen kann und gute Ergebnisse erziele."

Bei den Olympischen Spielen in Tokio 2020 wird das allerdings wohl nicht möglich sein. "Bei diesen Spielen habe ich verstanden, dass der Weg zu Olympia für mich versperrt ist. Das IOC wird mich nie zulassen. Deshalb glaube ich nicht, dass man mich in Tokio sehen wird", meinte Stepanowa.

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 21.08.2016, 07.00 Uhr

Stand: 16.08.16 20:09 Uhr