Viele Sorgen statt großer Vorfreude in Rio
Doping-Diskussionen, Kritik am IOC und organisatorische Probleme: Eine Woche vor Beginn der Olympischen Spiele ist von Vorfreude in Rio wenig zu spüren. Wird sich die Stimmungslage noch ändern?
In einer Woche wird das olympische Feuer im Maracana-Stadion entzündet. Für schöne Bilder wird das Organisationskomitee der Spiele in Rio de Janeiro mit Sicherheit sorgen. Doch kann der schöne Schein die großen Probleme überstrahlen? Die organisatorischen und infrastrukturellen Mängel sind seit Monaten ein Thema. Vielmehr aber erschüttert der Dopingskandal um Russlands Athleten und die zögerliche Haltung des IOC den organisierten Sport. Obwohl es erdrückende Beweise gibt, dass es in Russland eine staatliche organisiertes und fast flächendeckendes Dopingsystem gab, konnte sich das IOC nicht zu einem Komplettausschluss durchringen.
Von Aufbruchsstimmung im IOC nichts zu spüren
So werden etwa 270 russische Athleten in Brasilien starten, bei manchen dürfte sich erst wenige Tage oder Stunden vor der Eröffnung entscheiden, ob sie dabei sind. Den Fachverbänden obliegt es zu urteilen, ob russische Athleten starten dürften oder nicht. Einige abgelehnte Sportler haben zudem angekündigt, vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS zu ziehen. Das IOC um Präsident Thomas Bach steht mächtig unter Druck und in der Kritik. Von einer Aufbruchsstimmung, die sich der ehemalige Fecht-Olympiasieger durch seine Agenda 2020 erhofft hatte, ist nichts zu spüren, zumal auch nach Ende der Rio-Spiele weiteres Ungemach droht. Um die Vergabe der Spiele 2020 nach Tokio ranken sich seit längerem Korruptionsgerüchte.
Deutliche Harting-Kritik
Während die IOC-Spitze die altbewährte Politik des Aussitzens verfolgt, regt sich unter Athleten und Verbänden Widerstand. Robert Harting ("Ich schäme mich für Thomas Bach") sprach besonders deutlich aus, was viele Sportler denken: So kann es nicht weitergehen. Das Gefühl, dass die wichtigste Sportorganisation der Welt das Fairplay auf dem Altar der Real- und Machtpolitik geopfert hat, rüttelt an den Grundfesten des Sports.
Wird die U-Bahn rechtzeitig fertig?
Der Sport kämpft also um Glaubwürdigkeit und Vertrauen, die Organisatoren in Rio mit den klassischen Problemen eines Ausrichters: Bauarbeiten sind noch nicht beendet, die Frage nach Sicherheit und Kosten bleibt ebenfalls ein Thema. Mit Spannung wird die kommende Woche erwartet, wenn die U-Bahn-Linie 4 ihren Betrieb aufnehmen soll - vier Tage vor Beginn der Spiele. Die Linie ist das größte Bauprojekt im Rahmen der Olympischen Spiele und soll das Zentrum der Metropole mit dem Olympiapark im Stadtteil Barra da Tijuca verbinden. Schon vor Monaten sollte das Prestigeprojekt fertiggestellt sein. Sollte es nicht klappen, droht ein Verkehrskollaps. Auch die schlechte Wasserqualität im Segel- und Ruderrevier dürfte ein Thema bleiben, ebenso die Finanzen.
Die Diskussion um das Zika-Virus hat indes an Brisanz verloren. Aufgrund der niedrigen Wintertemperaturen gibt es von offizieller Seite vorsichtig Entwarnung. Ein kleiner Trost, aber eben nur ein kleiner.
Stand: 29.07.16 12:40 Uhr